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Bitte kein PET-Ding

Die Holsten AG bringt Bier in Plastikflaschen auf den Markt und zerstört damit die bewährte deutsche Trink- und Bierkultur  ■ Von Eberhard Spohd

Vorweg zugegeben: Wenn es 1983 schon Bier in Plastikbehältern mit Schraubverschlüssen gegeben hätte, könnte Tennessee Williams noch leben. Dann hätte der amerikanische Dramatiker in der Nacht zum 25. Februar die schicksalshafte Flasche locker aufdrehen können. Und wäre nicht, wie es die Legende erzählt, an einem Kronkorken erstickt.

Für den Südstaaten-Autor kommt der Einfall der Holsten-Brauerei al-so 17 Jahre zu spät. Erst am gestrigen Tag durfte die Welt staunen: Bier aus einer Einwegflasche, die aus geschmacksneutralem Polyethylenterephtalat (PET) besteht und nach Gebrauch dank Grünem Punkt und Dualem System zu Granulat geschreddert werden kann. Ein begeisterter Günter Ellenberg, Vorständler für Vertrieb und Marketing bei Holsten, pries die Vorteile der Neuentwicklung seines Unternehmens.

Four in one lautet die Devise: Erstens ist der PET-Humpen dank des Schraubverschlusses wie-derverschließbar. Vorbei die Zeiten, wo eine umstürzende Hopfenkaltschale (Slangausdruck der 70er-Jahre für Bier) die Stimmung tötete – oder in die Höhe trieb, je nach physischem Zustand der Gäste. Des zweiten und dritten ist die neue Umverpackung unkaputtbar und leichtwiegig, wie der Coca-Cola-Konzern seinerzeit bei Einführung der Plastikflaschen in seiner Werbung kalauerte. Und last but not least: Zusammen mit dem Inhalt winkt dem Konsumenten „toller Geschmack“. Das Produkt ist also wie geschaffen für mehr „convenience“ im „Outdoor-Bereich“ bei einem Preis zwischen zwei Mark und zwei Mark 50 für den halben Liter Bölkstoff (Slangausdruck der 80er Jahre für Bier).

Da hören die Vorteile aber schon auf. Denn Tennessee Williams mahnenden Hinscheidens zum Trotz: Das Öffnen einer Bierflasche mit den Zähnen ist eines der beeindruckendsten Balzrituale, mit dem ein männlicher homo erectus auf einer Party um die Liebe einer Frau buhlen kann. Schöner kann kein Tanz eines Auerhahns um seine Geliebte sein. Einen Schraubverschluss mit den Zähnen zu traktieren taugt dagegen nur, um sich lächerlich zu machen. Vorbei auch die Zeiten, in denen ein Mann seine Überlegenheit über einen Rivalen zum Ausdruck bringen konnte, indem er die Longneck-Flasche am Hals nahm, sie an der Tischkante zerschlug und mit den Worten „Wills' Konflikt“ auf den Gegner eindrang.

Auch ihren Werbeslogan können sich die Bierbrauer nun schenken. „Auf die Freundschaft“ zu brüllen, heftig die Flaschen gegeneinanderprallen zu lassen und sich dann weinend in die Arme zu fallen macht keinen Spaß mehr. Nicht, wenn statt eines satten Klack zweier Knöllchen die Flaschen beim Anstoßen klingen wie zwei kopulierende Playmobilfiguren.

Wer sich wirklich über die Einführung freuen dürfte ist die Aschenbecherindustrie. Denn in den Hals einer PET-Flasche kann man nicht mehr vertrauensvoll seine Zigarettenkippen werfen, um dann, das ekelhafte Bier-Nikotin-Gemisch betrachtend, darüber nachzudenken, ob man nicht doch endlich das Rauchen aufgeben sollte. Die Plastebehälter schmelzen einfach durch und werden so zur Gefahr für den ganzen Hausstand. In Zukunft heißt es nicht mehr: Er qualmte im Bett und verbrannte, sondern: Er rauchte auf einer Party und ist für den Tod von 150 Menschen verantwortlich.

Zuletzt zugegeben: Das Bier lässt sich aus der Plastikflasche immer noch entspannt weglunken, blau wird man – bei gehörigem Einsatz – auch weiterhin. Aber nicht mehr mit Stil.

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