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Pressekonferenz zum deutsch-türkischen Film "Chiko""Danke, Roland Koch!"

Der Gangsterfilm "Chiko" haut genau in die Roland Koch-Kerbe. Eine gesellschaftskritische Pressekonferenz mit Fatih Akin, Özgür Yildirim und dem "M-Wort".

BERLIN taz Wie leben Gangster in Hamburg-Horn? Mit seinem Erstling "Chiko" hat Regisseur Özgür Yildirim einen klassischen Genrefilm gedreht. Denis Moschitto (als Chiko) und Moritz Bleibtreu geben darin durchaus gewaltbereite Drogendealer im großen Stil. Gewalt, Hip Hop, Sex und Drogen: Es ist ein echter Jungsfilm, allerdings mit einem ziemlich moralischen und gesellschaftskritischen Touch. Ein Film, der in die gegenwärtige politische Debatte passt wie Chikos Faust auf das Auge des Afghanen, der ihm beim großen Kokaingeschäft abziehen (im Filmslang: "ficken") will.

Nach der Filmvorführung: Auf der Schlange zur Damentoilette sind zwei ausländische Journalistinnen in ein aufgeregtes Gespräch vertieft. Kein Wort ist zu verstehen, allein der Name "Roland Koch" sticht hörbar heraus aus der Unterhaltung. Der ist auch auf der anschließenden Presskonferenz Thema.

Ein klamaukiger Haufen sitzt da oben auf dem Podest und debattiert darüber, wie die Englisch-Simultanübersetzerin eigentlich die Anrede "Digger" interpretiert. Produzent Fatih Akin ist da, Regisseur Yildirim, die Hauptdarsteller Bleibtreu und Moschitto und der im Film unglaublich überzeugende Schauspiel-Laie Volkan Özcan, der den besten Freund Chikos gibt.

Im echten Leben ist er Erzieher und kümmert sich um kriminelle Jugendliche in Hamburg. Eben jene Jungs, die nach Herrn Koch keine Chance mehr verdient hätten. Von denen hat sich Özcan einiges an Style und Sprache für die Rolle abgucken können und seine Zöglinge zollen ihm nach dieser Rolle besonderen Respekt: "Geil, dass der sonst immer vernünftige Erzieher mal den Typen gibt, der auf alles scheißt."

Wie fühlt sich das an, dass diese Film über kriminelle Jugendliche aus türkischen Familien genau in die Debatte über kriminelle Jugendliche mit Migrationshintergrund fällt? Das "M-Wort" sorgt für große Erheiterung im Filmteam. Denn sie alle sind angekommen, die dritte Generation, machen Filme und wollen Abstammungsfragen am liebsten ignorieren. "Kriminalität kennt keine Nationalitäten" heißt es pathetisch aber wahr und Produzent Fatih Akin erklärt den anwesenden Journalisten und dem nicht anwesenden Roland Koch, wer denn Schuld ist, an der Gewalt: die Gesellschaft. "Das fängt schon im Kindergarten an, wenn die Kinder aufgeteilt werden in die Armen und die Besseren, deren Eltern Kohle haben." Es klingt sehr richtig alles, reflektiert und ein ganz klein bisschen sozialpädagogisch.

 

Dabei geht es hier nicht um eine Doku und "Chiko" ist auch kein Betroffenheitsdrama sondern ein Hamburger Gangsterepos mit Blut, Knarren und Adrenalin. Doch am Ende des Film bezahlt jeder der Gewalt ausgeübt hat dafür. Der 28-jährige Regisseur Özgür Yildirim erklärt diese doch leicht moralinsauer daherkommende Botschaft ganz einfach mit seiner eigenen Überzeugung: "Ich glaube daran, dass jeder im Leben das zurück bekommt, was er macht. Im Guten und im Schlechten. Ganz einfach."

 

Und so soll der Aufstieg Chikos vom schnöden Gras- zum neureichen Koksdealer mit Rolex, weißem Mercedes mit goldenen Radkappen (!) und Wahnsinns-Wohung ebenfalls als Kritik verstanden werden. An dem Turbo-Kapitalismus der den schnöden Mammon als Lebensziel propagiert. An einer Gesellschaft, die "Prosecco neuerdings gern aus schmalen goldenen Dosen trinkt und Menschen abfeiert, nur weil sie als reiche Erben geboren werden". So schafft es Fatih Akin, am Ende dieser Veranstaltung noch Berufserbin Paris Hilton zu dissen und mit ihr die Presse, die deren noch so banale Lebenswindungen neugierig verfolgt und in Quote verwandelt.

 

Ganz schön viel Nachzudenken, nach so einem Jungsfilm: die Gesellschaft! Der Kapitalismus! Die Medien! Das "M"-Wort! Das Filmteam jedenfalls dankt Roland Koch für die Aufmerksamkeit, die "Chiko" durch ihn schon jetzt sicher ist.

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