Last Exit Bremen

■ Der entnervte Generalmusikdirektor Günter Neuhold wird seinen im Jahr 2002 auslaufenden Vertrag nicht verlängern

„Reißt Euch zusammen!“ Das hatte Eckart Heinz, einer der von der Kulturinitiative „Anstoß“ mit der Begutachtung der Bremer Musikszene beauftragten Experten 1998 gesagt mit Blick auf das angespannte Verhältnis zwischen dem Generalmusikdirektor Günter Neuhold und seinem Philharmonischen Staatsorchester. Es hat nichts geholfen.

Obschon die Kulturbehörde die Vertragsverlängerungsverhandlungen mit Neuhold – gegen das Votum des Orchesters – sogar mit einem Supervisor für die Lösung der zwischenmenschlichen Probleme begleitete, ist sie jetzt mit ihrem Latein am Ende: Günter Neuholds Vertrag wird nach Ablauf seiner bisherigen Laufzeit bis 2002 nicht mehr verlängert.

Das entspricht Neuholds Befindlichkeit, der schon anlässlich seiner Vertragsverlängerung 1998 deutlich signalisierte, dass ihn Bremen nicht mehr interessiere. Folgerichtig zog er von Bremen ins heimatliche Wien. Und nun teilte er dem Kultursenator Bernd Schulte (CDU) mit, dass er über 2002 hinaus nicht mehr zur Verfügung stehe.

In der lapidaren Version des Pressesprechers der Kulturbehörde, Harmut Spiesecke, heißt das so: „Der Kultursenator, die Philharmonische Gesellschaft und der Generaldirektor sind übereingekommen, eine Findungskommission für die Wahl eines Generalmusikdirektors ab 2002 zu bilden“.

Das Engagement von Günter Neuhold, der 1995, ein Jahr nach Klaus Pierwoß in die Hansestadt kam, begleiteten große Erwartungen. Nach jahrelang währender desolater Orchestersituation erhoffte man sich von dem Österreicher eine Wiederbelebung der verfahrenen Situation. Diese Hoffnungen erwiesen sich, wie die Folgezeit belegen sollte, zunächst als durchaus berechtigt.

Neuhold hat das Orchester innerhalb kürzester Zeit zu nie geahnten Leistungen gebracht, hat es selbst angesichts außerordentlicher Gastspiele in Bremen auch überregional konkurrenzfähig gemacht. Dies gelang ihm sowohl in der großen Sinfonik mit den Schwerpunkten Bruckner und Mahler als auch in der Oper. Doch die unbestreitbaren Erfolge des Orchesters fanden in den zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Neuhold und den Mitgliedern des Orchesters keinen Niederschlag.

Seitens des Orchesters wurden immer wieder Vorwürfe laut, die Neuhold unmenschliches, ja zynisches Verhalten attestierten. Innerhalb kürzester Zeit war das Verhältnis zwischen den beiden Parteien unrettbar zerrüttet.

Ein weiterer Vorwurf aus den Reihen des Orchesters: Der Generalmusikdirektor Neuhold habe sich an dem immer schwieriger werdenden Kampf um die zukünftige Existenz des Orchesters nicht beteiligt. Auch der Generalintendant des Theaters, Klaus Pierwoß, war ziemlich schnell nicht mehr gut auf seinen Generalmusikdirektor zu sprechen. Er warf ihm vor, sich nicht für die RegisseurInnen in der Oper zu interessieren und dann – viel zu spät – an deren Produktionen einschneidend herumzumeckern. Neuhold seinerseits warf Pierwoß vor, er maße sich als Operndirektor Entscheidungsbefugnisse in Sachen Regie an, die ihm nicht zukämen.

Man kann nur hoffen, dass alle aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben und das anstehende Engagement des Neuhold-Nachfolgers auf sicherere Füße gestellt wird, dass es einen GMD geben wird, der in Bremen häufiger anwesend ist und der in der Oper Kompetenzen erhält, die Alleinherrscher Pierwoß Neuhold nicht mehr geben wollte.

Ute Schalz-Laurenze