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Sauberes Wasser ist viel zu knapp

Experten beraten in Den Haag über die globale Wasserknappheit. Die Bundesregierung fordert mehr privates Engagement. Dagegen protestieren Enwicklungsverbände: Firmen unterstützen zu 85 Prozent High-Tech-Projekte für reiche Stadtbewohner

von FLORIAN HARMS

Ein Glas Trinkwasser kostet zehn Mark, fünf Minuten duschen 500 Mark und Schwimmbadbesuche sind unbezahlbarer Luxus. So könnte die Zukunft in Europa aussehen. Viel schlimmer: Millionen von Menschen in Entwicklungsländern droht der Tod durch Verdursten. Kriege um Wasser – etwa in Nahost – erscheinen nicht mehr undenkbar. Mit diesen Aussichten muß die Menschheit laut Vereinten Nationen (UNO) und Entwicklungs- und Umweltverbänden ab dem Jahr 2025 rechnen.

Im niederländischen Den Haag versuchen seit Freitag 10.000 Vertreter von Regierungen, Interessengruppen und der Wirtschaft gemeinsam mit Experten der Wasserversorgung Strategien zu entwickeln, um die drohende Krise abzuwenden. Dieses sechstägige „Weltwasserforum“ soll Ansätze fortführen, die sein Vorläufer 1997 in Marrakesch entwickelte. Das damals gesteckte Ziel, in 30 Jahren jedem Menschen auf der Erde sauberes Wasser zu garantieren, erscheint schon heute nicht realisierbar.

In der genannten Zeit wird allein der Wasserverbrauch von Privathaushalten um 70 Prozent ansteigen, rechnet ein Bericht des Welt-Wasser-Rats unter Ägide der UNO vor. Parallel zum Anwachsen der Erdbevölkerung auf acht Milliarden im Jahr 2025 sinken die Wasserreserven dramatisch, heißt es weiter. Schon jetzt habe eine Miliarde Menschen keinen gesicherten Zugang zu Wasser und weitere zwei Miliarden ernste Probleme mit dessen Qualität – das ist die Hälfte der Menschheit. Damit es nicht bei der Feststellung von Tatsachen bleibt, übergab der Wasser-Rat den Bericht am Freitag dem Forum in Den Haag. Dessen Teilnehmer sollen jetzt entscheiden, wie das Wasserproblem gelöst werden kann. Was bis jetzt vorgeschlagen wurde, klingt allerdings eher gut gemeint als gut: So will der Rat künftig für Verdienste um die Sicherung der Trinkwasservorräte eine Art „Nobelpreis für Wasser“ verleihen.

Parallel zu dem Forum tagt eine Ministerkonferenz mit mehr als 100 Teilnehmern aus aller Welt. Die Bundesregierung ist durch Uschi Eid vertreten, parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium. Eid repräsentiert den größten Geldgeber Europas in der Wasser-Entwicklungspolitik: 800 Millionen Mark gibt Deutschland jährlich für Wasserprojekte aus.

Aber die Staatssekretärin weiß, dass dieses Geld nicht reicht. Deshalb setzt sie sich für ein stärkeres Engagement der Privatwirtschaft ein: „Die deutsche Wasserwirtschaft bringt großes Wissen, Erfahrung und Kapital mit, aber bei großen internationalen Ausschreibungen fehlen Angebote aus einer Hand.“ Deutschen Firmen versucht Eid die Beteiligung an Wasserprojekten durch das Profitargument schmackhaft zu machen: „Das Engagement im Wassersektor lohnt sich.“

Genau davor warnen Entwicklungs- und Umweltverbände: „Etwa 85 Prozent der Investitionen für Wasserversorgung und sanitäre Einrichtungen in Entwicklungsländern geht heute in Megaprojekte. Die dienen hochtechnisierten und meistens subventionierten Diensten für die bessergestellten Stadtbewohner“, bemängelt etwa die Gruppe „Vision 21“, die der Weltgesundheitsorganisation angeschlossen ist. Die Kosten dafür seien bis zu zwanzig mal höher als örtlich entwickelte Alternativen. Die Unterstützung von lokalen Initiativen sei deshalb sinnvoller.

Demonstranten stürmten am Freitag die Eröffnungsveranstaltung des Forums splitternackt und laut schreiend. „Nein zur Privatisierung“ hatten sie auf ihre Haut geschrieben. Die Grünen-politikerin Uschi Eid wird sich genau überlegen müssen, was sie am Mittwoch auf der abschließenden Pressekonferenz sagt.

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