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Fischer muss Parteichef bleiben

Grüner Parteitag verfehlt Zweidrittelmehrheit für Aufhebung der Trennung von Parlamentsmandat und Parteivorsitz: Damit bleibt Fischer heimlicher Vorsitzender. Delegierte stärken Trittins Atomkurs

KARLSRUHE taz ■ Die meisten Delegierten des Parteitags von Bündnis 90/Die Grünen wollten am Wochenende in Karlsruhe eine traditionelle Säule der Satzung stürzen – aber dennoch bleibt alles beim Alten. Nach leidenschaftlich geführter Diskussion fehlten am Ende 60 Stimmen an der Zweidrittelmehrheit, die erforderlich gewesen wäre, um die Trennung von Amt und Mandat aufzuheben. So dürfen auch künftig Regierungsmitglieder und Parlamentsabgeordnete nicht zugleich Parteivorsitzende sein. Die Landtagsabgeordneten Renate Künast und Fritz Kuhn, die ihre Kandidaturen für den Parteivorsitz angekündigt hatten, müssten folglich dafür ihre Mandate aufgeben. Noch ist offen, ob sie unter diesen Umständen beim nächsten Parteitag tatsächlich kandidieren werden. Sie brauche einige Tage Bedenkzeit, erklärte Künast gestern.

Außenminister Joschka Fischer hatte sich vergeblich für die Strukturreform stark gemacht: „Heute ist die große Chance, den informellen Parteivorsitzenden zu Grabe zu tragen“, rief er der Versammlung in Anspielung auf den gegen ihn immer wieder erhobenen Vorwurf zu, über eine zu große informelle Macht innerhalb der Partei zu verfügen.

Der Parteilinke Hans-Christian Ströbele, einer der prominentesten Gegner einer Satzungsänderung, zeigt sich von diesem Argument wenig beeindruckt. Er warnte die Grünen davor, sich ausgerechnet zu einem Zeitpunkt strukturell anderen Parteien anzugleichen, zu dem diese sich darum bemühten, Ämterhäufung künftig zu vermeiden.

Die zweite Entscheidung des Parteitags, die von Beobachtern mit Spannung erwartet wurde, fiel dagegen unerwartet eindeutig im Sinne der Führungsspitze aus. Mit großer Mehrheit und stehenden Ovationen unterstützten die Delegierten den Kurs von Umweltminister Jürgen Trittin bei seinen Verhandlungen mit der Atomindustrie. Trittin erinnerte in seiner Rede an die Geschichte der Partei, die sich vor 20 Jahren in Karlsruhe gegründet hatte: „Die Gründung der Grünen war eine Kampfansage an die Pro-Atom-Partei SPD.“ Damit hatte er die eigenen Reihen zusammengeschweißt. Proteste von AKW-Gegnern, denen der Ausstieg nicht schnell genug geht, blieben eine Randerscheinung für die Kamerateams.

Freundlichen Applaus erhielt auch Joschka Fischer für eine Rede, in der er umstrittene Exportgeschäfte der Bundesrepublik rechtfertigte. Die im Vorfeld erwartete harsche Kritik der Delegierten daran blieb aus. „Wir werden nicht jeden Rüstungsexport mit einem Nein versehen können“, erklärte Fischer. Mögliche Panzerexporte in die Türkei hat der Parteitag abgelehnt, allerdings auch ausdrücklich nicht für einen Zusatz gestimmt, in dem der Fortbestand der Koalition von der Frage abhängig gemacht werden sollte.

Trotz des widersprüchlichen Ergebnisses für die Parteispitze zeigte sich die scheidende Parteisprecherin Gunda Röstel zum Abschluss des Parteitags optimistisch: „Wir werden’s packen, und Nordrhein-Westfalen wird der Auftakt sein“, rief sie.

BETTINA GAUS

brennpunkt SEITE 3

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