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„Viva, viva il Papa“

Papst Johannes Paul II. wird bei den Palästinensern herzlich empfangen und unterstützt deren Forderung nach einem eigenen Staat

Aus Betlehem SUSANNE KNAUL

Fast vier Stunden lang konnten die Pilger auf dem Bethlehemer Manger-Platz die Lieder für die Messe mit dem Papst üben. Die 30.000 Menschen verharrten während der wegen Sicherheitsvorkehrungen langen Wartezeit tapfer bei eisig-feuchtem Wetter. Bethlehems Kirchenchor und ein eifriger Liturgien-Sänger hielten die Menge mit „Hosianna“ und „Halleluja“ bei Laune.

Auffallend wenige ausländische Pilger versammelten sich auf dem Platz vor der Geburtskirche. Viele mögen die langwierige Anmeldeprozedur für die Messe gescheut haben. Die meisten Leute gehörten den christlichen palästinensischen Gemeinden an.

„Er wird uns Frieden bringen, sowohl zwischen Christen und Muslimen als auch zwischen Arabern und Juden“, hofft der junge Mathematiklehrer Amin Jaar aus Ramallah. Amin bekam sein Studium zum Teil von der katholischen Kirche finanziert. „Mit dem Papst kommt viel Geld in unser Land“, sagt er. Wenn nicht auf direktem Wege, so doch mit den Pilgern, die sich durch den Papstbesuch zu einer Reise nach Bethlehem entschieden. Doch viel wichtiger sei das „Friedenssignal“ des Papstes, wenn er sich „vorgestern mit Muslimen, gestern mit Juden und heute mit Christen trifft“.

Über dem Manger-Platz wehen hunderte Fähnchen in den palästinensischen Farben und mit dem Motiv des Vatikans. Riesige Fotos zeigen Palästinenserpräsident Jassir Arafat Hand in Hand mit dem Papst. „Wenn man ihm nah ist, kann man den Herrn spüren“, ruft begeistert eine Pilgerin aus Kanada. Die Mittvierzigerin stimmt in das „Viva, viva il Papa“ ein, das durch die riesigen Lautsprecher über den Platz schallt. Es sei ein „schrecklich ergreifender Moment“, sagt sie zwischendurch, gerade diesen Papst, der „immer so dicht am Volk ist“, einmal selbst erleben zu dürfen.

Die Slogans aus den Lautsprechern variieren unterdessen vom „Viva, viva“ zu „John Paul two, we love you“. Die Kanadierin ist ganz sicher, dass der Papst dem Frieden im Nahen Osten weiterhelfen könne. „Mit Gottes Hilfe ist alles möglich“, schreit sie gegen die Lautsprecher an, aus denen zur Abwechslung das Kyrieleison auf Arabisch dröhnt.

Als der Papst endlich kommt, werden eifrig die Fahnen geschwungen. Jede Gruppe hält ihr Zeichen hoch: „Polska“ oder „Mexico“ steht darauf. Die Menge klatscht, ruft wieder „Viva, viva il Papa“, bis Johannes Paul seine Messe beginnt. Die einzige Störung des Ablaufs ist der überraschende Ruf des Muezzins, der den Papst für einen Moment einhalten lässt. Doch anstelle der üblichen Koran-Suren ruft der Sänger nur kurz zum Gebet, und bald ist wieder Ruhe. So ginge es, wenn sich die Religionen gegenseitig respektieren, meint Johannes Paul und setzt seine Messe fort.

Bei der Begrüßung durch Arafat hatte der Papst zuvor Stellung zu den Autonomiebestrebungen der Palästinenser bezogen. Deren Leid dauere bereits zu lange, sagte er. Deshalb unterstütze der Vatikan auch das „natürliche Recht der Palästinenser auf ein Vaterland.“ Nach kurzer Mittagspause setzte der Papst seinen Besuchstag in den palästinensischen Autonomiegebieten fort und fuhr in das Flüchtlingslager Daheische.

Der lateinische Patriarch in Jerusalem hatte den Besuch in dem Lager vorgeschlagen, das von Palästinensern als eine Art Pendant zur jüdischen Gedenkstätte Jad Vaschem betrachtet wird. Beides seien Gedenkorte für die Tragödien der beiden Völker – Holocaust und Vertreibung der Palästinenser.

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