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Die zerstörerische Kraft der kleinen Damen

■ Eröffnung mit Brillowska und Kubin: Im Westwerk zeigt die Hamburger Gestaltungs-Professorin Anke Feuchtenberger ab heute neue melancholische Bildergeschichten

Am heutigen Abend eröffnet im Westwerk eine Ausstellung mit Werken von Anke Feuchtenberger alias Feuchtenbergerowa. Seit 1997 ist die in Ost-Berlin geborene und ausgebildete Zeichnerin Professorin an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg. Der Palast, das Haus & Frau Trockenthal zeigt zum einen Theaterplakate, die in Die Biografie der Frau Trockenthal bereits erschienen sind, Der Palast hingegen enthält brandneue Zeichnungen, und wird demnächst bei Jochen Enterprises veröffentlicht. Das Haus schließlich vereint die im Februar in der Berlin-FAZ täglich abgedruckten Bilderfolgen.

Das uvre von Feuchtenberger durchzieht ein ausgesprochen dekoratives Moment. Egal ob Plakat oder Panel, sie eignen sich allesamt immer auch zur Einzelhängung. Die kolorierten Blätter wirken zu allererst durch ihre kräftige bunte Farbigkeit, während in der Mehrzahl ihrer Geschichten der Blick in eine dichte Textur aus Schraffuren, Punkten und schwarzweißen Flächen gesogen wird, um ihn dort verharren zu lassen. Vielleicht möchte sich Anke Feuchtenberger deshalb als „Bildgeschichtenerzählerin“ und nicht als Comic-Zeichnerin verstanden wissen.

Die stilistische Harmonie der Arbeiten scheint dem Geschehen zuwiderzulaufen. Kindliche Frauen mit flachen Brüsten und stets auffälligem Kopfputz sind es vor allem, die von Feuchtenberger in labyrinthische, mal dornige, mal wuchernde, perspektivisch verzerrte Welten geschubst werden. Auf der Suche nach einem möglichen Selbst begegnen ihnen mysteriöse Tierfiguren und Gestalten; stoppelbärtige Galane, die in Gedärmen wühlen, begehren die zerbrechlich wirkenden „kleinen Damen“. Diesen so hilflos und unschuldig scheinenden Wesen ist aber immer auch eine zerstörerische Kraft zu Eigen, wenn etwa bei dem Versuch, ein fliegendes Mannwesen festzuhalten, dessen Kopf abreißt. Am Ende der Erzählung warten weder Heiterkeit noch Versöhnung, sondern eine unsichere Zukunft. Der Betrachter wird melancholisch gestimmt aus dem rätselhaften Kosmos entlassen.

Zur Vernissage sind außerdem eine Performance von Mariola Brillowska zu sehen und ein Konzert von Felix Kubin zu hören. Letzterer wird zu fortgeschrittener Stunde auch auflegen.

Katja Lüthge

„Der Palast, das Haus & Frau Trockenthal“, 25. März bis zum 1. April, Di - Fr 16 - 19 Uhr, Westwerk, Admiralitätstraße 74; Vernissage: heute, 19 Uhr; Finissage: Sa, 1. April, 19 Uhr, mit einer Lesung von Sabine M. Krämer

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