zwangsarbeiter
: ENDLICH EINIGUNG

Die Lambsdorff/Eizenstat-Konferenz zur Entschädigung der Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkriegs hat die letzte ihrer scheinbar endlosen Schleifen gezogen. Wie groß die Erleichterung über die Einigung ist, macht die Schätzung deutlich, wonach jeden Monat ein Prozent der künftig Begünstigten wegstirbt. Jetzt gilt nur noch ein Imperativ: bis zum Sommer alle rechtlichen und organisatorischen Probleme zu lösen, die dem Beginn der Auszahlungen in der zweiten Hälfte des Jahres entgegenstehen. In den Mittelpunkt müssen jetzt diejenigen rücken, denen von Anfang an die ungeteilte Aufmerksamkeit hätte gelten müssen: die Opfer.

Auf Anerkennung angesichts des Ergebnisses der Verhandlungen können deren Moderatoren hoffen, die Vertreter der Opfer, vor allem aber die politischen Aktivisten und Wissenschaftler, die 20 Jahre und mehr für die Entschädigung der Zwangsarbeiter kämpften – nicht aber die deutschen Unternehmen. Jahrzehntelang schmetterten sie mit einigen rühmlichen Ausnahmen alle Ansprüche der Opfer ab, behaupteten sogar dreist, zur Beschäftigung von Zwangsarbeitern gezwungen worden zu sein. Jetzt beugten sie sich nicht moralischer Einsicht, sondern dem Druck aus Übersee. Eine große Rolle spielte auch das veränderte Klima in der Öffentlichkeit, Resultat der Auseinandersetzungen um Schweizer Raubgold und nachrichtenlose Konten.

Im vergangenen Frühjahr schien es so, als ob die deutschen Unternehmen sich mit der Stiftungsinitiative doch zu einer großzügigen Geste aufraffen würden. Aber der nachfolgende Streit um die „Rechtssicherheit“ belehrte das Publikum eindrücklich über die eigentlichen Motive der Stifter. Das Regierungsabkommen mit den USA gewährt jetzt tatsächlich Schutz vor künftigen Ansprüchen. Aber die rechtliche Situation hätte sich nicht wesentlich anders dargestellt, wenn die Bundesstiftung ohne Verhandlungen mit der Auszahlung begonnen hätte. Ein „statement of interest“ seitens der US-Regierung wäre auch so bei nachfolgenden „class-actions“ zu haben gewesen.

Die in der Stiftungsinitiative vereinten deutschen Unternehmen zeigen sich optimistisch, dass die versprochenen 5 Milliarden Mark, sprich 2,5 Milliarden nach Abzug verminderter Steuern, jetzt bald zusammenkommen werden. Um dieses Ziels willen muss der öffentliche Druck verstärkt werden. Nicht ums Prestige der deutschen Unternehmer geht es, sondern um unsere Selbstachtung. CHRISTIAN SEMLER