: Egal wohin, Hauptsache weg
Großaktion der Ausländerbehörde gegen AfghanInnen: Am Samstag wurden 25 außer Landes gebracht. Nach Tschechien ■ Von Elke Spanner
AfghanInnen sind von Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) schon lange zur Problemgruppe erklärt worden. Rund 18.700 Flüchtlinge aus Afghanistan leben in Hamburg. Seit Jahren kommen die meisten Neu-Zuwanderer aus diesem vorderasiatischen Land, und abschieben kann die Ausländerbehörde nicht, denn Flieger dorthin gibt es keine. Für ihr Problem hat die Ausländerbehörde nun eine Lösung gefunden: Am Samstag hat sie 25 AfghanInnen nach Tschechien gebracht. Uniformierte BGS-BeamtInnen holten auch den erst 15jährigen Hamidreza Hassan Zadeh frühmorgens ab – aus einer Einrichtung für allein stehende, oft traumatisierte Flüchtlingskinder.
Sechs BeamtInnen kamen in die Unterkunft in der Lohkoppelstra-ße, um drei Jungen abzuholen. Allerdings trafen sie nur Hamidreza an. Dessen Vormund, das Jugendamt Nord, war über die bevorstehende Ausreise nicht informiert und konnte folglich nicht intervenieren. Seitdem die BeamtInnen in die Unterkunft eindrangen, seien die übrigen dort lebenden Kinder „sehr verängstigt“, sagte gestern Einrichtungsleiter Werner Kopp.
Dafür, dass Hamidreza in Tschechien adäquat betreut wird, hat die Ausländerbehörde keine Vorsorge getroffen. Sie sei zwar zur Einhaltung des Kinder- und Jugendschutzgesetzes verpflichtet, bestätigt Sprecher Peter Keller, „aber nur im eigenen Land“. Die Ankunft von 25 AfghanInnen sei den tschechischen Behörden angekündigt worden: „Die konnten Vorbereitungen treffen.“ Nach Tschechien wurden die AfghanInnen gebracht, weil sie über dieses Land nach Hamburg eingereist seien. Ein „sicherer Drittstaat“ ist verpflichtet, Flüchtlinge zurückzunehmen, die auch dort einen Asylantrag hätten stellen können.
Die nun „Zurückgeschobenen“ waren indes nicht nach Europa gekommen, um ein Asylverfahren zu führen. Und das ist das Problem der Hamburger Innenbehörde: Nur wer politisches Asyl beantragt, wird nach einem Schlüssel über das Bundesgebiet verteilt. Da in Af-ghanistan aber nicht der Staat, sondern die Milizen der regierenden radikal-islamistischen Taliban Andersdenkende unterdrücken, haben deren Asylanträge hier keine Aussicht auf Erfolg. Viele Afghanis-tan-Flüchtlinge verzichten von vornherein darauf, beantragen direkt eine Duldung – und können aus Hamburg nicht wegverteilt werden. Zum Jahreswechsel betraf das 4856 Flüchtlinge.
Die Situation ist so alt wie die Konflikte in Afghanistan. Weil sich keine Entspannung abzeichnete, hatten Flüchtlinge aus dem vorderasiatischen Land über Jahre eine Aufenthaltsbefugnis, also ein Bleiberecht, in Hamburg bekommen. Seit eineinhalb Jahren aber gibt Hamburg nur noch Duldungen aus. Dadurch haben AfghanInnen kein Bleiberecht mehr – und die Innenbehörde konnte plötzlich die beeindruckende Zahl von 17.000 ausreisepflichtigen AusländerInnen präsentieren: Eine nach oben korrigierte Statistik, mit der sie ihre verschärfte Abschiebepraxis der vergangenen Monate begründet.
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