Wahres, wirres Märchen aus Fernost

Ein spannendes Leben macht noch keinen guten Film: „Die himmlische Prinzessin“ (arte, 20.15 Uhr)

Inge Eberhard wurde vor etwa einem Monat 68 Jahre alt. „Na und?“, mag man da sagen: „Meine Nachbarin auch.“ Im Gegensatz zur Frau Nachbarin aber ist Inge Eberhard nicht nur – Österreich, USA, Birma, Östereich, USA – ziemlich rumgekommen im Leben, sondern zwischenzeitlich auch mal eine „Mahadevi“, eine Prinzessin im birmesischen Hsipaw, gewesen.

Nicht, dass Inge stolz darauf wäre: Wie sie die Geschichte erzählt, hatte sie damals als Frischvermählte erst bei ihrer ersten Reise nach Birma erfahren, dass sie mit dem netten Kommilitonen Sao, den sie 1953 an der Universität von Denver kennen lernte, zugleich auch den traditionellen Herrscher über eine autonome Minderheit im hinterindischen Vielvölkerstaat geheiratet hatte. Doch als wäre das plötzliche Mahadevi-Sein noch nicht genug für ein Leben, kommt es 1962 zu einem Militärputsch, in dessen Verlauf ihr Mann Sao für immer verschwindet und Inge mit ihren beiden Kindern außer Landes flüchten muss ...

Vor ein paar Jahren schrieb Inge in Amerika („our country“ sagt sie inzwischen) bereits ihre eigenartige Lebensgeschichte in ein Buch. „Die himmlische Prinzessin“ von Dirk Szuszies und Karin Kaper hat sie erstmals verfilmt. In der 60-minütigen TV-Fassung mit dem etwas abwegig-poetischen Titel, den arte sich für die eigentlich anderhalbstündige Doku einfallen ließ (die als „Die letzte Mahdevi“ noch bis morgen im Berliner Eiszeit-Kino und dann erst wieder im Herbst auf US-Filmfestivals zu sehen ist), bleibt die „Himmlische Prinzessin“ eine ruhige Zeitreise: Inge erzählt – unspektakulär, anschaulich – vom Tigerfell, das beim Interview hinter ihr an der Wand hängt, ebenso wie von ökonomischen Zusammenhängen und von dem Unrecht, das ihr, ihrer Familie, ihren birmesischen Landsleuten widerfahren ist; das Biografen-Duo bebildert – mit Aufnahmen aus dem Familienarchiv und solchen von heute aus dem mittelständischen Colorado, von Inges freundlich-ernstem Gesicht unter der Hochsteckfrisur und vom militärregierten, angeschmuddelten Birma, das mittlerweile Miyanmar heißt. Oder dem verfallenen Palast von Hsitpaw, wo die Filmemacher vor ein paar Jahren zunächst zufällig auf ein Foto der hübschen jungen Inge stießen und alsbald auch mutwillig auf die dazugehörige Story.

Es ist, so denkt man wohl, viel zu erleben, wenn man einmal auf der Welt ist – ob man will oder nicht. Wenn aber die Geschichte von der beeindruckenden Kontinuität eines Lebens, das sich wohl selbst nicht hätte träumen lassen, erfunden wäre – sie wäre begreiflicher gewesen.

Aber das ist bloß so ein fernsehsüchtiger Gedanke einer Nachbarin beim Zuschauen. csch