Volkswagen steuert nun auch Brummis

Die Wolfsburger steigen mit drei Milliarden Mark bei der schwedischen Truck-Edelmarke Scania ein

STOCKHOLM taz ■ Mit drei Milliarden Mark kauft sich Volkswagen 34 Prozent des schwedischen Lkw-Herstellers Scania. Damit haben die Wolfsburger nicht nur ihr Modellangebot bis in die Schwergewichtsklasse abgerundet, sondern auch klargemacht, dass sie beim weltweiten Konzentrationskarussell in der Automobilindustrie mitzuhalten gedenken.

Eine selbstständige schwedische Autoindustrie wird es demnächst nicht mehr geben. Die Pkws von Volvo und Saab sind bereits unter den US-Dächern von Ford bzw. General Motors gelandet. Nach den Scania-Trucks dürften auch die von Volvo bald in ausländischer Hand sein.

Das Kaufangebot aus Wolfsburg war erwartet worden, nachdem die EU-Kommision vor zwei Wochen die innerschwedische Truck-Ehe zwischen Volvo und Scania aus Wettbewerbsgründen gestoppt hatte. Dass es nun so schnell kam, schieben Börsenanalytiker auf die Furcht von VW, ein anderer Spekulant könne ihnen zuvorkommen. Auch Fiat und MAN galten als Interessenten für die beiden schwedischen Brummi-Firmen.

VW hatte die Wahl, den bisherigen Volvo-Posten von 45 Prozent an Kapital und 30 Prozent der Stimmen zu kaufen, wählte aber ein 34-Prozent-Aktienpaket des Finanzkonzerns Wallenberg. Offenbar, weil sie damit schneller zum Zuge kamen – wenn auch nicht billiger: Der Kaufpreis bedeutet einen saftigen Zuschlag zum aktuellen Kurs.

Innerhalb des VW-Konzerns werden Scania noch die besten Überlebenschancen ausgerechnet, weshalb neben der schwedischen Regierung am Montag auch die Gewerkschaften den Deal begrüßten. Direkte Konkurrenz zum eigenen Truck-Programm innerhalb des VW-Konzerns gibt es nicht, Rationalisierungsgewinne durch Entlassungen drohen in absehbarer Zeit nicht. Die meisten der 22.000 Arbeitsplätze scheinen zunächst sicher. Vermutlich verspricht man sich in Wolfsburg aber Vorteile bei den Zulieferern.

Dass Scania zwar schwarze Zahlen schreibt, aber kaum Rendite abwirft, liegt womöglich am bisherigen, wenig engagierten Eigentümer: Scania ist einer der letzten Reste des einstigen Maschinenbaukonglomerats Saab-Scania der mächtigen Finanzfamilie Wallenberg. Während diese den Verkaufsgewinn nun vorwiegend in der IT-Branche investieren will, wird VW entscheiden müssen, was mit dem Volvo-Aktienpaket bei Scania passiert. Auf Dauer den schärfsten Konkurrenten mit am Tisch sitzen zu haben, dürfte nicht allzu verlockend sein. REINHARD WOLFF