filmpreis, naumann, adlon etc.: Bei der Nominierungsparty gab’s viel Peinlichkeit und wenig Buffet
ZWISCHEN HIRNRISS UND SHOWBIZ
Klar, es geht um viel Geld, und natürlich müssen die Nominierungen zum Deutschen Filmpreis nicht gerade ohne glam auf einer schnöden Tickermeldung landen. Aber warum nur geraten Veranstaltungen wie das Oscar-epigonale Nomination-Event im Adlon immer so peinlich?
Liegt es an der Eigendynamik der Sponsoren mit ihren Einspielern („Toi, toi, toi, Ihr Klaus soundso von der Hypovereinsbank“)? Wobei Lutz Carstens, Chefredakteur der nicht gerade unamerikanischen TV-Spielfilm, den Vogel abschoss mit dem im Uli-Wickert-Brustton vorgetragenen Versprechen, sich gegen ein „übermächtiges Hollywood“ einzusetzen. Überhaupt sollte man eine Veranstaltung, die doch eigentlich die Filmpolitik der Bundesregierung repräsentiert, mit Pro 7 und Partnern nicht in die Hand des Privatfernsehens geben.
Dabei fing es eigentlich ganz nett an. Im Foyer wurden giftig-rote Cocktails serviert, die für heiter-gelöste milde Stimmung sorgten. Dann bekam Naumann bei der Eröffnung einen Lachanfall, weil sein Redetext behauptete, er sei schon als Teenie ein Fan der großkalibrigen schwedischen Filmkunst gewesen. Überhaupt lag da plötzlich so ein Gefühl in der Luft, dass man irgendwann, so in zehn, zwölf Jahren vielleicht, einmal recht sentimental an Naumann zurückdenken könnte. Und dann?
Dann kamen die Show-Acts. Mit Pissbecken-Anekdoten und Zoten über genital entfremdete Melkmaschinen und mit einer von allen Beteiligten vollständig vom Teleprompter abgelesenen Parodie einer Biolek-Talkshow, die vielleicht sogar irgendjemand bei Pro 7 lustig findet. Fast anderthalb Stunden Hirnriss-Showbiz, bis Naumann dann endlich, endlich die Nominierungen bekannt gab. Dabei war dann auch er nicht mehr ganz so unterhaltsam, zumal irgendjemand seinem Redenschreiber mal stecken sollte, dass der deutsche Film auch, aber nicht nur aus „Lola rennt“ und die Filmgeschichte auch, aber nicht nur aus John Fords „Stagecoach“ besteht (Auch die Einleitung „Auf der Fahrt hierher fiel mir ein ...“ könnte mal pausieren).
Nominiert in der Kategorie Bester Deutscher Film sind also: „The Million Dollar Hotel“ von Wim Wenders, „Sonnenallee“ von Leander Haußmann, „Absolute Giganten“ von Sebastian Schipper, „Wege in die Nacht“ von Andreas Kleinert und „Gloomy Sunday“ von Rolf Schübel. Nicht nominiert wurde Romuald Karmakars Film „Manila“, den außer der Jury noch keiner gesehen hat. Aber kann der eigentlich noch schlechter sein als zum Beispiel Schübels sülziges Weltkriegsepos (Joachim Król in Ehren)? Und olle Wenders zusammen mit Veit Helmer („Tuvalu“) und Pepe Danquart (für den Dokumentarfilm „Heimspiel“) in der Kategorie Beste Regie zu nominieren sieht irgendwie nach einer Jury-Notkombination aus.
Danach konnte man sich nicht mal vom Buffet korrumpieren lassen. Alle stürzten sich wie die Krähen auf ein paar mikroskopisch-kleine Häppchen.
KATJA NICODEMUS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen