: „Zur Not ohne Zumthor“
Im Streit um Topographie des Terrors fordert CDU Kostenbegrenzung von 45 Millionen Mark und plädiert für neuen Architekten. Stiftung: „Nicht sinnvoll“, Finanzdebatte verdrängt Bedeutung
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Nach der Entscheidung des Hauptausschusses aus der vergangenen Woche, alle zusätzlichen Investitionen für den Bau der Topographie des Terrors zu sperren, gerät jetzt der Architekt Peter Zumthor (Schweiz) ins Visier der Auseinandersetzungen. Sollte die Bauverwaltung nicht nachweisen können, die Kosten des komplizierten Dokumentationszentrums auf den Gelände des früheren Gestapo-Hauptquartiers auf 45 Millionen Mark zu begrenzen, müsse über eine alternative Planung und einen anderen Architekten nachgedacht werden, sagte der CDU-Haushaltsexperte Alexander Kaczmarek. Gabriele Camphausen, Geschäftsführerin der Stiftung Topographie des Terrors, wies dagegen alle Forderungen nach einer Neuvergabe zurück. „Ich halte den Entwurf Zumthors für etwas ganz Besonderes, jetzt gewissermaßen die Pferde zu wechseln, ist nicht sinnvoll“, sagte Camphausen zu taz.
Nach wochenlangen Querelen um die Finanzierung der geplanten NS-Gedenkstätte hatte der Hauptausschuss die Subventionen – und damit den Baufortgang – am Donnerstag gestoppt. Die Haushälter, erklärte Kazcmarek, seien nicht bereit, die erst auf 36 Millionen, dann 45 Millionen und schließlich auf 70 Millionen Mark geschätzten Kosten mitzutragen.
Die CDU-Fraktion, so Kaczmarek weiter, gedenke die Topographie auch ohne den Architekten zu realisieren. „Die Bauverwaltung muss endlich darstellen, wie man mit 45 Millionen Mark bei diesem Bau auskommt, zur Not auch ohne Herrn Zumthor“, erklärte der CDU-Haushaltsexperte. Er forderte Bausenator Peter Strieder (SPD) auf, eine exakte Kalkulation vorzulegen. Eine weitere Vorlage ohne Einsparungen werde man „nicht hinnehmen“.
Ob dies Strieder gelingt, ist fraglich. Der Bausenator will in den kommenden Tagen eine Aufstellung der Bauarbeiten vorlegen. Zugleich hatte er aber betont, das Gebäude aus dünnen Betonstäben, für die es bisher keine Vorbilder gibt, solle zwar günstiger als für 70 Millionen Mark gebaut werden. Ein Sparkurs von 45 Millionen Mark hingegen sei unrealistisch.
Kritik sowohl an der Bauverwaltung als auch an den CDU-Plänen, Zumthor zu verstoßen, übte Gabriele Camphausen. Mit „Unwillen“ habe die Stiftung zur Kenntnis genommen, dass nach wie vor keine klaren Termine zur Fertigstellung des Dokumentationszentrums bestünden. Außerdem sei es kontraproduktiv, die Rolle des Architekten nun in Frage zu stellen. Zumthor habe einen „hervorragenden Entwurf“ vorgelegt, der auch umgesetzt werden müsse. Dabei sei nicht ausgeschlossen, dass kostengünstigere Materialen verwendet werden und Überarbeitungen stattfinden könnten.
Camphausen warf den CDU/SPD-Koalitionsfraktionen vor, die Kostendebatte zu benutzen, um die Aufgaben der Topographie insgesamt in Frage zu stellen. „Wir befürchten, dass die inhaltliche Diskussion über das NS-Dokumentationszentrum jetzt in den Hintergrund gerät.“ Der faktische Baustopp dürfe nicht zu einer Beerdigung des gesamten Projekts führen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen