stölzl, berlin etc.
: Über den Umgangston in der Kulturpolitik

LOKALE PÖBELEIEN

Ob es um den Bürgermeister von New York geht oder den von Berlin: Der Ton wird, sobald es um Belange der Kultur geht, wieder richtig grob. Dass die lokalen Politgrößen mit ihrem rüden Gehabe eine Niederlage nach der anderen einfahren, scheint sie dabei nicht weiter zu erschüttern. Nachdem er wieder einmal einen Prozess um das Recht der Kunstfreiheit verlor, hat Rudolph Giuliani das Geld, das er dem Brooklyn Museum wegen der umstrittenen „Sensation“-Ausstellung vorenthielt, inzwischen brav an die von ihm bekämpfte Institution überwiesen. Und in Berlin musste nun der Regierende Bürgermeister den ehemaligen Direktor des Deutschen Historischen Museums und jetzigen Feuilletonchef der Welt, Christoph Stölzl, als Kultursenator akzeptieren: aus Diepgens Sicht ebenfalls eine komplette Niederlage.

Von „abgelatschten Intendanten“ hatte er am Freitag gesprochen, die man in der Stadt nicht mehr brauche. Und davon, dass er „ein abgrundtiefes Misstrauen“ der Kultur gegenüber empfinde (es soll auch abgelaufene, ausgepumpte Bürgermeister geben). Christoph Stölzl jedenfalls wird als neuer Berliner Kultursenator nicht nur ein Geldproblem haben. Er muss versuchen, die Lokalpolitiker aus ihrer banausischen Mentalreserve gegenüber Kunst und Kultur zu locken. Und er wird sich dabei ironischerweise auf den Mann stützen müssen, den er beim einstmals anvisierten Direktionsposten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als seinen Gegner kennen lernte: Kulturstaatsminister Michael Naumann.

Naumann wird ihm auch jetzt das Leben nicht leicht machen, mit seinem Anspruch auf Mitsprache bei den durch Bundesgelder subventionierten Berliner Kulturinstitutionen. Doch Naumann ist nun mal der Politiker, der der Kultur in der Hauptstadt einen Rahmen geben kann, der über die kleinkarierten Pöbeleien der lokalen Größen hinausgeht. Und auch er steht ziemlich allein da, was den Umgangston anbelangt, in dem sich Politiker aller Couleur zu Fragen der Kultur äußern. Antje Vollmers nassforsches mal mot zu Hans Haackes „Biokitsch“ im Reichstag zeigt, dass die Fronten, hier Politik, da Kunst und Kultur, leider nur zu klar sind.

BRIGITTE WERNEBURG