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Soundcheck

Heute: The Billy Tipton Memorial Saxophone Quartet. Dafür, dass reinrassige Saxofonbands eindeutig etwas zum Fürchten sind, gibt es ganz schön viele davon. Das World Saxophone Quartet, jenes von der 29th Street, ROVA, die Kölner Saxofon Mafia und noch einige mehr beweisen, dass man mit einem Satz Tröten von Bariton bis Sopran tatsächlich fast alles antellen kann, was man will – auch wenn bei den genannten Gruppen überwiegend Jazz dabei heraus kommt.

Das allerdings ist bei dem aus fünf Musikerinnen bestehenden Billy Tipton Memorial Saxophone Quartet aus Seattle nur bedingt der Fall. Sein Repertoire reicht von Sun Ra bis zu Led Zeppelin-Arrangements, fußt mal auf dem Groove einer Marching Band aus New Orleans oder lässt sich im nächsten Stück von HipHop inspirieren. Eben ist mit Sunshine Buntcake ihre fünfte Platte erschienen, und im gehörigen Punch des stilübergreifenden Konzepts behaupten sich nun auch wunderbar ruhige, fast gestische Konzentrate, die durchaus an die fabelhaften Borneo Horns von Lenny Pickett erinnern. Wer aber ist oder war nun besagter Billy Tipton? Als der Saxofonist dieses Namens 1989 starb, stellte sich heraus, dass Mr. Tipton in Wahrheit eine Frau gewesen war, die ihre geschlechtliche Identität beruflich wie privat ein Leben lang erfolgreich geheim gehalten hatte. Mehr über diese außergewöhnliche Figur steht in Diane W. Middlebrooks Buch „Er war eine Frau“, kürzlich im Malik Verlag erschienen. Die nonkonformistische Haltung dieses Nomen est Omen-Phänomens ist auf beeindruckende Weise in das Programm dieser einzigartigen Band eingegangen.

Andreas Schäffler

Knust, 21 Uhr

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