: Anonyme Hilfe
■ Babyklappe in Altona eingeweiht. Verein bietet auch Elternschaft „auf Probe“
In Altona ist am Sonnabend die bundesweit erste „Babyklappe“ eingeweiht worden. Im Kinderhaus Goethestraße 25 können Säuglinge künftig anonym über eine Türöffnung in ein Wärmebett gelegt werden. Eingerichtet wurde die Klappe vom Jugendhilfe-Verein „Sterni- Park“. „Wir wollen den Frauen in einer extremen Situation Hilfe anbieten“, sagt Geschäftsführer Jürgen Moysich. Zudem können sich Betroffene rund um die Uhr unter der Nummer 0800-456 07 89 an VereinsmitarbeiterInnen wenden.
Die 30 Zentimeter hohe und 72 Zentimeter breite Klappe funktioniert völlig anonym. Sobald sie jemand öffnet, wird ein Wachdienst über Sensoren alarmiert. Der ruft telefonisch MitarbeiterInnen des Vereins an. Fünf bis zehn Minuten nach dem Öffnen der Klappe sind die KinderbetreuerInnen am Ort und fahren mit dem Baby in ein nahgelegenes Krankenhaus. Wenn sich die Mutter acht Wochen später noch nicht beim Verein gemeldet hat, wird das Kind zur Adoption freigegeben.
Eine tödliche Kindesaussetzung im vergangenen Dezember gab für den Verein den Ausschlag, die Klappe einzurichten. Damals wurde ein Findelkind in einer Hamburger Recycling-Anlage tot aufgefunden. „Bei einer repräsentativen Umfrage sprachen sich 76 Prozent der Teilnehmer für unser Projekt aus“, sagt Moysich. Auch Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) und die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen setzten sich für die Klappe ein. Der Hamburger Senat unterstützt die Einrichtung mit 50.000 Mark. „Im vergangenen Jahr starben drei Findelkinder in Hamburg. Das schockierte uns“, sagte ein Sprecher des Jugendamts. Zwei weitere Findelkinder überlebten. Sie fanden problemlos neue Eltern: auf einen Säugling kommen 16 adoptivwillige Familien.
Der Verein plant, Anfang Juni eine weitere anonyme Abgabestelle in Wilhelmsburg einzurichten. Ähnliche Projekte entstehen derzeit auch in anderen deutschen Städten. „Sterni-Park“ bietet Frauen zudem an, mit ihren Kindern „auf Probe zusammenzuwohnen“. Danach können die Betroffenen entscheiden, ob sie dem Eltern-Dasein physisch und psychisch gewachsen sind. Der Verein will sich noch „etwas einfallen lassen“, um Frauen die Möglichkeit zu geben, anonym zu gebären. dpa
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