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Gauck will sich von Kohl nicht erpressen lassen

Der Hüter der Stasi-Unterlagen bleibt dabei: Die Akten über den Altkanzler werden herausgegeben – auch wenn Kohl mit Gericht droht

BERLIN dpa/rtr ■ Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hat betont, dass seine Behörde mit den Akten über Altkanzler Helmut Kohl (CDU) genauso verfahren wird wie mit denen anderer Politiker. Gauck zeigte sich unbeeindruckt von einem Ultimatum Kohls.

Der Altkanzler will die Veröffentlichung der ihn betreffenden Telefon-Abhörprotokolle der Stasi mit allen juristischen Mitteln verhindern. Kohls Anwälte setzten der Gauck-Behörde eine Frist bis zum kommenden Freitag, über die Herausgabe der Protokolle zu entscheiden. Für den Fall der Herausgabe will Kohl gerichtlich dagegen vorgehen.

Gauck sagte gestern im Deutschlandfunk, der Bundestag habe die politische Aufarbeitung auch dadurch fördern wollen, dass er den Personen der Zeitgeschichte zugemutet hat, dass Informationen aus dem Bereich ihrer öffentlichen Tätigkeit bekannt werden: „Wenn der Gesetzgeber das hätte anders haben wollen, hätte er es anders formuliert.“ Da es aber im Gesetz steht, könne er nicht willkürlich handeln und sagen: „Ich finde Herrn Kohl so toll und weil es so eine herausragende Figur der Zeitgeschichte ist, will ich mal bei ihm andere Maßstäbe anlegen.“

Selbstverständlich hätten auch alle Personen der Zeitgeschichte Anspruch auf Respektierung ihrer Persönlichkeitsrechte. „Den privaten Teil – Intimbereich, Gesundheit, Geld – schützen wir“, versicherte Gauck. Informationen zu Bereichen, in denen diese Personen in ihrem Amt oder mit ihrer politischen Funktion agieren, könnten jedoch herausgegeben werden, wenn begründete Anträge von Medien oder Forschern vorlägen.

Zugleich verwahrte sich Gauck gegen den Eindruck, er würde sich geheim mit Abgeordneten der Unionsfraktion treffen. „Ich habe keinerlei Anlass, irgendetwas an meinen Kontakten mit der parlamentarischen Welt zu verbergen“, sagte er. Dem Spiegel zu Folge traf sich CDU-Generalsekretärin Angela Merkel am Freitag mit Gauck und dessen Direktor Peter Busse in der Berliner CDU-Zentrale. Die designierte Parteivorsitzende habe Gauck bedrängt, seine Haltung aufzugeben und die Telefonprotokolle unter Verschluss zu halten.

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