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Freiheit statt Sozialismus

PDS-Aushängeschild Gregor Gysi wirft die Brocken hin: Im Herbst will er nicht mehr für die Fraktionsspitze kandidieren, 2002 nimmt er Abschied vom Bundestag. Partei auf Chefsuche

MÜNSTER taz ■ Die PDS hat bei ihrem Parteitag in Münster ihre derzeit wichtigsten Führungsfiguren verloren. Nachdem Parteichef Lothar Bisky seinen Rückzug vom Vorsitz schon am Freitag angekündigt hatte, erklärte gestern auch PDS-Fraktionschef Gregor Gysi, seinen Posten im Bundestag aufgeben zu wollen. Der 52-jährige Gysi ist der unumstrittene Star der PDS. Gysi will 2002 auch nicht mehr für den Bundestag kandidieren und schon in diesem Herbst den Fraktionsvorsitz aufgeben. „Für mein Leben danach habe ich noch keine Pläne. Aber ich habe ja einen Beruf“, sagte Gysi, der zu DDR-Zeiten als Rechtsanwalt tätig war und später mehrfach beschuldigt wurde, als „IM Notar“ für die Stasi gearbeitet zu haben.

Der im Vorfeld als „historisch“ bezeichnete erste Parteitag der demokratischen Sozialisten im Westen ist damit gründlich in die Hose gegangen. Die PDS wollte in Münster eigentlich Werbung für die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen machen. Am späten Samstagnachmittag stand die Fünf-Prozent-Partei kurzzeitig vor dem Rücktritt ihres gesamten Parteivorstandes.

Grund dafür war eine deutliche Mehrheit von 219 Delegierten, die sich gegen einen Leitantrag ihres eigenen Parteivorstands aussprach. Der Antrag sollte der Parteiführung und der Bundestagsfraktion ein eigenes Prüfungsrecht für militärische Interventionen auf Beschluss der Vereinten Nationen zubilligen. Das lehnte die Mehrheit ab. Die PDS isoliere sich damit von Europa, erklärte Gysi. Gleichwohl wollte er seinen angekündigten Rückzug aus der Partei nicht als Reaktion auf die Abstimmungsniederlage verstanden wissen: „Ich habe mich vor Wochen zu diesem Schritt entschieden“, sagte er.

Für die PDS begann noch in Münster die schwierige Suche nach geeignetem neuem Spitzenpersonal. Für den Parteivorsitz stehen dem Vernehmen nach die Berliner Landesvorsitzende Petra Pau (37) und Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch (41) zur Verfügung. Beide dementierten ihre Ambitionen nur halbherzig. Die Frage des neuen Vorsitzenden stellt sich erst zum nächsten Parteitag. Die PDS hat in Münster beschlossen, den Parteikonvent wegen der offenen Situation schon diesen Herbst zu veranstalten und nicht erst, wie geplant, im Jahr 2001. Den Fraktionsvorsitz im Bundestag könnte Roland Claus (45) einnehmen, der seit 1998 im Parlament sitzt. Claus ist einer der Väter des sachsen-anhaltischen Modells von Rot-Rot: Dort toleriert die PDS eine Minderheitsregierung der SPD.

Gregor Gysi beendete seine Parteikarriere mit einer stürmisch gefeierten Rede, in der er sich deutlich gegen jede Form von Rückwendung in Richtung SED aussprach. Der Fraktionschef bezeichnete den Umgang der Kommunisten mit der SPD als historischen Fehler. „Wir dürfen die SPD nie wieder zum Feindbild erklären.“ CHRISTIAN FÜLLER

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