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Volle Birne gehört zum guten Ton

Präventionskampagne der Elternkammer konzentriert sich aufs Thema Alkohol  ■ Von Elke Spanner

Schon am Freitag wird darüber geredet, wie man sich am Wochenende die Birne vollknallen wird. Am Montag dann wird der Rausch in allen Einzelheiten zum Besten gegeben. Wer nicht mitreden kann, fällt aus der Clique raus. Denn Alkohol gehört schon bei SchülerInnen zu jeder guten Party dazu. Schleichend ist jedoch für viele KonsumentInnen der Übergang vom Spaß zur Sucht. Um dafür zu sensibilisieren, ruft die Elternkammer Hamburg den Mai als „Monat der Suchtprävention“ aus.

An möglichst vielen der 430 Hamburger Schulen soll es Abendveranstaltungen zum Thema geben. Durchgeführt werden sie vom Institut für Lehrerfortbildung (IfL) in Zusammenarbeit mit den Anonymen Alkoholikern. Vor allem deren Schilderung ihres eigenen Krankheitsverlaufes soll den SchülerInnen und ihren Eltern verdeutlichen, „wie man süchtig wird: Dass man das gar nicht merkt“, erklärt Hans Petersen von der Elternkammer. Michael aus der Gruppe „Erwachsene Kinder alkoholkranker Familien“ erzählt, dass er sich mittlerweile selbst ein Alkoholproblem eingesteht. Hätte man ihn als Schüler dazu befragt, hätte er sich selbst nicht als gefährdet bezeichnet. Nicht zuletzt, weil als Alkoholiker gelten würde, „wer betrunken irgendwo rumliegt“. Das aber sei nur „das Endstadium einer Krankheit, die sehr viel früher beginnt“.

Keinesfalls jedoch will die Elternkammer Alkohol verteufeln. Denn zum einen sei pure Abschre-ckung ohnehin wirkungslos. Und zum anderen „ist das Problem nicht, dass es Drogen gibt, sondern dass damit falsch umgegangen wird“. Das Thema Trinken soll im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen, weil Alkohol „Einstiegsdroge Nr. 1“ sei. In der Öffentlichkeit herrsche der falsche Eindruck vor, so die Elternkammer in ihrem Aufruf, „dass die größten Suchtgefahren von illegalen Drogen ausgehen“. Tatsächlich sterben jährlich rund 2000 Menschen an illegalen Drogen. Dem stünden aber 40.000 bis 60.000 Alkoholtote gegenüber.

Nach Angaben der Elternkammer trinken in Hamburg etwa zehn Prozent der Mädchen und 18 Prozent der Jungen im Alter von 15 bis 17 Jahren Alkohol in riskanter Weise. Und die Bereitschaft, „illegale Drogen zu gebrauchen, entsteht wesentlich auf der Grundlage schon vorher erworbener Gewohnheiten mit legalen Drogen“, erklärt Hermann Schlömer vom IfL.

Die Elternkammer betont, dass das Motto „Mai 2000 – Monat der Suchtprävention“ bewusst gewählt worden sei, um nicht den falschen Eindruck zu erwecken, interessierte Schulen würden wegen eigener Probleme an den Veranstaltungen teilnehmen. In den Verdacht zu geraten, würde den Schulleitungen Sorge bereiten, weil sie unter einem „Standortwettbewerb“ stünden, so die neue Schulsenatorin Ute Pape (SPD). Sie betont die Unterstützung ihrer Behörde für das Projekt. Auch die Vorsitzende der LehrerInnenkammer, Margarete Eisele-Becker, kündigte die Zusammenarbeit der LehrerInnen mit den Eltern an.

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