piwik no script img

„Mehr Rechte“

Der grüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl ist fürdie Einführung des Gen-Checks bei Retortenembryos

taz: Herr Köppl, Sie sind dafür, dass die Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, in der Bundesrepublik erlaubt wird. Warum?

Bernd Köppl: PID ist eine medizinische Weiterentwicklung und liefert zusätzliche Erkenntnisse über potenzielle Krankheitsverläufe. Sie liefert damit zusätzlichen medizinischen Erkenntnisgewinn, mit dem sowohl die betroffenen Personen als auch die Ärzte umgehen können.

Kritiker sagen, PID sei ein ers- ter Schritt zur Selektion von gewünschten und nicht gewünschten Embryos und in das milliardenschwere Geschäft der Embyroforschung.

Jeder Fortschritt in der Medizin beinhaltet, dass daraus auch Unheil für die Patienten erwachsen kann, auf der anderen Seite aber werden diese Forschritte zum Heilen eingesetzt. Wir können deshalb nicht bei bloßer Zustimmung oder Ablehnung stehen bleiben, sondern müssen unsere ethischen und moralischen Grundpositionen und auch den gesetzlichen Rahmen mit dem Fortschritt weiterentwickeln. Ich finde, PID muss im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsrecht der Frau diskutiert werden. Und in diesem Sinne ist es eine Erweiterung, weil PID der Frau die Möglichkeit gibt, zu entscheiden, ob sie die Einpflanzung eines Embryos vornehmen lassen will, wenn das ausgetragene Kind möglicherweise eine schwere vorhersehbare Krankheit bekommen wird. Oder ob sie das eben nicht will.

Mit PID wird aber nicht geheilt, wie Sie anfangs gesagt haben, sondern aussortiert. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass Embryos irgendwann auch nach Geschlecht oder Augenfarbe aussortiert werden?

Die ethisch-moralische Abwägensfrage zwischen Vorteilen und Gefahren muss auch in der medizinischen Diagnosetechnik immer wieder gestellt werden. Gesetzlich geregelt werden muss, dass PID nicht für so oberflächliche Dinge wie Augenfarbe, sondern nur für krankheitsrelevante Fragen angewendet werden darf. Und es muss sicher sein, dass solche Untersuchungen nicht gegen den Willen der Frau durchgeführt werden dürfen. Keine Frau darf zur PID gezwungen werden.

interview: SABINE AM ORDE

Hinweis: Bernd Köppl ist Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen