: SPD wird heimelig
■ Jugendstrafrecht, Autoverkehr und neuer Vorstand / Themen auf SPD-Parteitag
Von geschlossenen Heimen für jugendliche Straftäter ist nicht die Rede, aber genau das ist gemeint. Auf ihrem Landesparteitag, der heute Abend im Bürgerhaus Wilhelmsburg beginnt, werden sich Hamburgs Sozialdemokraten mit diesem hoch umstrittenen Thema auseinandersetzen müssen.
„Der Schutz der Bevölkerung muss stärker Berücksichtigung finden“, heißt es in einem zur Abstimmung vorliegenden Antrag des Landesvorstandes mit dem Titel „Zur Jugenddelinquenz in Hamburg“. Darin wird zwar klargestellt, dass „vor einer Verurteilung die Untersuchungshaft die ultima ratio für straffällige Jugendliche“ sei. Statt der U-Haft seien Einrichtungen angebrachter, die wieder zu verlassen den Jugendlichen „nur nach sichtbaren erzieherischen Erfolgen und unter strengen Auflagen erlaubt wird“.
Diese Formulierungen sind bereits Abschwächungen eines Antrags, den der Parteikreis Wandsbek unter dem unmissverständlichen Titel „Umdenken bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität“ vorgelegt hatte. Darin wurde gefordert, „Prävention und Repression“ müssten gleichgewichtige Instrumente sein. Zudem wurden Hamburgs Jugendrichter aufgefordert, bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren nur noch in Ausnahmefällen das mildere Jugendstrafrecht statt der „Regeln für erwachsene Straftäter“ anzuwenden.
Nicht unumstritten dürfte auch die Forderung der Eimsbüttler Sozialdemokraten sein, die Hamburger Straßen für privaten Autoverkehr „nicht generell noch attraktiver zu machen“, als es schon der Fall sei. Der Ausbau von Straßen müsse „in geringerem Umfang“ erfolgen, als es im Entwurf des Verkehrsentwicklungsplanes von SPD-Bausenator Eugen Wagner vorgesehen ist. Weniger hitzige Debatten dürfte der Antrag des Kreises Bergedorf provozieren, die „schleichende Aushöhlung“ des Ladenschlussgesetzes und Sonntagsöffnungen zu verhindern.
Vor den inhaltlichen Debatten stehen heute abend die Abschiedsansprache des scheidenden Parteichefs Jörg Kuhbier, die Antrittsrede seines designierten Nachfolgers Olaf Scholz sowie die Wahlen für die Chef-, Vize- und Beisitzerpos-ten im Landesvorstand auf der Tagesordnung. Überraschungen sind nicht zu erwarten. smv
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