„Sie haben ihn jetzt wirklich satt“

Alejandro Toledo, Konkurrent von Alberto Fujimori bei den Präsidentschaftswahlen in Peru, über seinen Gegner, den Wahlbetrug, den internationalen Druck und seine Pläne, den zweiten Wahlgang Anfang Juni für sich zu entscheiden

Interview INGO MALCHER

taz: Sie haben gegen Fujimori einen Etappensieg erstritten. Wie war das möglich?

Alejandro Toledo: Es ist das erste Mal in zehn Jahren, dass eine von Fujimori getroffene Entscheidung zurückgenommen werden musste, nämlich die, im ersten Wahlgang zu gewinnen. Es war geplant, 50,8 Prozent für ihn bekannt zu geben. Aber die Peruaner haben sich erfolgreich eingemischt. Und ich glaube, dass das einen Grund hat: Sie haben ihn jetzt wirklich satt. Sein Wahlbetrug war so deutlich und offensichtlich. Dass er am Ende einen Rückzieher gemacht hat, lag am Zusammenspiel von zwei Kräften: Da waren zum einen die internationalen Beobachter und der Druck aus dem Ausland, und da war die Bevölkerung, die auf die Straße gegangen ist.

Es gab Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen, aber kann man von Wahlfälschung im großen Stil sprechen?

Schauen Sie: In mindestens 14 Departments sind Wahlzettel aufgetaucht, auf denen mein Name nicht auf der Liste stand, was bedeutete, dass ich dort auch nicht gewählt werden konnte. Auch ist ein anderer Computer in den Computer der Wahlbehörde eingedrungen. Viele Wahlakten, auf denen die Ergebnisse der Wahlbezirke eingetragen werden, wurden gefälscht oder ausgetauscht. Und erst heute Morgen sind acht Kisten mit ausgefüllten Wahlakten gefunden worden.

Glauben Sie, dass das in der zweiten Runde anders wird?

Es gibt dafür keine Garantien. Aber wir werden mit der Regierung sprechen und versuchen Veränderungen zu erreichen. Die Wahlen müssen transparenter werden. Es wäre eine gute Idee, wenn die internationalen Beobachter nicht nur Beobachter wären, sondern auch über die Einhaltung der Regeln wachen würden. Außerdem werden wir versuchen, die Bischoffskonferenz und den Ombudsmann einzuschalten, damit eine Wahlfälschung auszuschließen ist. Außerdem verlangen wir, dass unser Wahlkampf im Fernsehen vorkommt und dass es zu einer öffentlichen Debatte zwischen mir und Fujimori kommt.

Wie wollen Sie sich denn im zweiten Wahlgang gegen die Schmutzkampagne schützen?

Ich habe den ersten Wahlgang überstanden und heute Nacht einen Sieg errungen. Letztendlich hat mir diese ganze Kampagne mehr genutzt als geschadet. Immerhin hat Fujimori dafür drei Millionen Dollar ausgegeben. Trotzdem will ich alles machen, damit es gerechter wird. Ich will einen Ehrenkodex für den Wahlkampf vereinbaren.

Ihre Aussichten im zweiten Wahlgang sind nicht schlecht. Trotzdem fehlt noch einiges. Wie wollen Sie Fujimori schlagen?

Wir kämpfen wie David gegen Goliath. Ich glaube dass Fujimori angeschlagen ins Rennen geht. Wir müssen versuchen, unsere Message unters Volk zu bringen. Diese Liebe auf den ersten Blick, die die Leute zu uns hatten, das war gerade unsere Stärke in der Kampagne. Und dann ist klar: Wenn Fujimori wieder betrügen will, dann sind wir wieder auf der Straße. Das ist keine Drohung, ich habe keine Panzer. Aber ich glaube an die Demokratie.

Gesetzt den Fall, Sie werden Präsident von Peru. Werden Sie Fujimori wegen seines Putsches von 1992 vor Gericht stellen?

In den ersten dreißig Tagen meiner Regierung werde ich das Verfassungsgericht wieder herstellen und dann das marode Rechtssystem von Grund auf reformieren. Alle Peruaner werden gleich sein vor der Justiz. Aber ich will keine Rache. Ich will als Staatschef auch keine Gesetze schaffen, die nur auf eine Person zugeschnitten sind.

Die Leute lassen Sie doch vor allem als Fujimori-Gegner hochleben. Ist ihre Wahl nur zufällig auf Alejandro Toledo gefallen?

Sicher sind nicht alle, die im Moment auf die Straße gehen, Toledistas. Die Wähler suchten nach etwas. Und ich muss den Protest gegen Fujimori kanalisieren.