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Auf den Lattek gekommen

Borussia Dortmund vertraut auf die wunderbaren Kräfte eines Rentners

BERLIN taz ■ Nun bringt er sich also um das wohlverdiente Altenteil und schlingert vom Kurs der Senilität mitten in den hektischen Abstiegskampf bei Borussia Dortmund hinein. Old-Udo Lattek ist wieder da. Vorbei das Dasein als telegener Phrasenverknüpfer und Mikrofonträger. Er ist zurück im sesselschleuderischen Trainergeschäft. Zu verdanken hat er diese Kurzschlussaktion den entrückten Borussen-Profis, die zurzeit eher Fußball auf als von einem anderen Stern spielen. Gefangen im Trainerrotationsprinzip kam der BVB-Vorstand wohl auf den fossilen Lattek, als er in das Regal mit alten DSF-Videos sah.

Zur Begründung seiner Frühberentung hatte Lattek längst erklärt, dass ihm der zunehmende mediale Druck und die kommerziellen Veränderungen des Fußballgeschäfts keine Freude mehr bereiteten. Doch Moment: Für einen Retterjob in Schalke brach er 1992 schon mal sein Gelübde. Denn zum Promoten der eigenen Person ist ein Traineramt immer gut genug. In Dortmund war er auch schon mal. Und seitdem fühlt er sich „noch immer beim BVB in der Schuld“, weil man ihn so leichtfertig zum FC Barcelona ziehen ließ.

Das Gewissen meldet sich allerdings erst jetzt, wo Old-Udo langsam zum Wackeldackel der Sporttalks verkommt und vollends in die Gewässer des Fachbrabblers Max Merkel abzudriften droht. Vielleicht sind es aber genau seine markigen Sprüche, die Dortmunds degenerierte Jungmillionäre in ihrer Transzendenz noch verstehen: „Männer, jetzt geht raus, fresst Gras und beißt in die Pfosten.“

Als multimediale Kabinenlektüre reaktiviert Udo nun auch sein Faible für Brutalo-Filme, deren Aggressivität er seinen Stars vermitteln will. Dazu packt er den altbekannten blauen Pulli der Siegesserien aus, den er jedesmal so lange muffig trägt, bis der BVB endlich gewinnt.

Sollte Dortmund am Ende der Saison trotzdem absteigen, wird der DFB schon dafür sorgen, dass Eintracht Frankfurt die Lizenz nicht bekommt, der BVB drinnen bleibt. Lattek wird dann bestimmt noch ein Jährchen dranhängen und Azubi Sammer ausbilden. Übrigens: Wo Udo ist, da ist oben. GERD DEMBOWSKI

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