piwik no script img

Deutschland schickt Äthiopien Chaos

Während das Außenministerium die Behinderung der internationalen Hilfe für Dürreopfer durch den Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea beklagt, hält seine Afrikabeauftragte den Krieg nicht für ein Problem

BERLIN taz ■ Deutschland schärft sein Profil bei den internationalen Versuchen, eine Hungerkatastrophe in Äthiopien abzuwehren. Die Bundesregierung beantragte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zum Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea. Angesichts des drohenden Hungertodes Hunderttausender Menschen müsse der Rat „dringend an die Regierungen Äthiopiens und Eritreas appellieren, jedweden militärischen Konflikt zu verhindern und ihre Probleme friedlich zu lösen“, erklärte sie. Das am Donnerstag veröffentlichte Schreiben weist auf die hohen Militärausgaben der beiden Länder und die Behinderung der Verteilung internationaler Hilfsgüter hin und fordert das Ende auswärtiger Waffenlieferungen.

Der seit 1998 andauernde Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea, in dem sich lange Ruhepausen mit blutigen Infanterieschlachten abwechseln, hat zehntausende Tote gefordert und Milliardensummen verschlungen. Allerdings ist Deutschland ein schlechter Kritiker daran. Im Juli 1999 hatte eine Delegation deutscher Bundestagsabgeordneter unter Leitung des SPD-Parlamentariers Horst Tappe bei einem Äthiopien-Besuch festgestellt, Äthiopien sei „Opfer, nicht Täter im Konflikt“. Auch die Afrikabeauftragte des Auswärtigen Amtes, Helga Gräfin Strachwitz, sagte am Donnerstagabend nach der Rückkehr von einer Äthiopienreise, Äthiopien habe den 1998 von Eritrea begonnenen Krieg sicher nicht gewollt. „Die Katastrophe würde auch ohne den Krieg stattfinden“, fügte sie hinzu. Die örtlichen Häfen und Lastwagen reichten zum Entladen und Transport der Hilfsgüter aus.

Gräfin Strachwitz bestätigte damit die Auffassung der äthiopischen Regierung, deren Premierminister Meles Zenawi am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit der Chefin des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Catherine Bertini, sagte: „Ich glaube nicht, dass es eine Hungersnot in diesem Land geben wird.“ Außerdem verwahrte er sich „gegen jeden Versuch, das Hilfsprogramm für die Dürre mit dem Konflikt zu verknüpfen, den Eritrea Äthiopien aufgezwungen hat“.

Zuvor hatte UN-Generalsekretär Kofi Annan gemeint, der Krieg erschwere die Lieferung von Hilfe. Hilfsorganisationen haben darauf hingewiesen, dass es ohne Krieg einfacher wäre, Eritreas Häfen für die Anlieferung von Hilfsgütern zu nutzen.

DOMINIC JOHNSON

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen