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Freie Sicht für Video-Filmer Werthebach

Wettbewerb zur Neugestaltung des Breitscheidplatzes entschieden: Platz wird freie, von 52 Lichtbändern erhellte Fläche. Autotunnel wird zugeschüttet. Umbau kostet rund acht Millionen Mark. Fertigstellung 2002

Es ist ein Entwurf so richtig nach dem Geschmack von Innensenator Eckart Werthebach: eine grosse freie Platzfläche, damit Junkies keine Ecken mehr für einen Schuss finden, viel Licht in der Nacht für die Videokameras zur Überwachung des „sozialen Brennpunkts“. Und an Bäumen, hinter denen Kleinganoven ihre Deals machen können, mangelt es ebenso. Bei der gestrigen Vorstellung des Wettbewerbs zur „Umgestaltung des Breitscheidplatzes“ wies Senatsbaudirektor Hans Stimmann natürlich alle derartigen Ansinnen zurück. „Das ist keine Planung zur Lösung sozialer Probleme“, sagte Stimmann. Aber freier und heller als bisher werde sich der Platz rund um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche nach dem Entwurf der Landschaftsarchitekten Heike Langenbach/Roman Ivancsics (Berlin/Wien) ab 2002 schon präsentieren.

Tatsächlich soll das Zentrum der City-West in zwei Jahren buchstäblich „in neuem Licht“ erstrahlen. Nach rund einjähriger Vorbereitungszeit und der Auslobung eines europaweiten Wettbewerbs entschied sich gestern die Jury für den Entwurf von Langenbach/Ivancsics, weil „deren Arbeit mittels moderner innovativer Lichttechnik den Breitscheidplatz als einheitliche, großzügige Platzfläche zusammenfasst“, sagte der Jury-Vorsitzende Guido Hager (Zürich).

Danach soll der Platz mit 52 horizontalen, in die bestehenden Steinplatten eingelassenen Lichtbändern durchzogen werden. Die Streifen ordneten die Planer in einem Abstand von fünf Metern an – als wollten sie den Platz zu einer Landebahn verwandeln: Für das Lichtkonzept engagierten die Planer Christian Bartenbach, der weltweit Airports mit Licht ausstattet. Bei Einbruch der Dunkelheit „verbreiten die Bänder ein weißes, warmes Licht“, sagte Heike Langenbach, „um den bisher viel zu dunklen Platz auch abends erlebbar zu machen“.

Die Lichtgestaltung ist nicht das einzige Element des auf rund acht Millionen Mark veranschlagten Umbaus. Fest steht auch, dass der Autotunnel an der Budapester Straße zugeschüttet und der Verkehr fünfspurig oberirdisch geführt werden soll. Außerdem räumen Langenbach/Ivanicsics das Hochbeet, die Holzbänke und Nischen von der Fläche.

„Der Entwurf hat als Konzept einen offenen Stadtraum“, betonte Hager. Dies führe dazu, dass auch der Baumbestand bis auf wenige Bäume abgeräumt werde. Als Ausgleich sehe der Entwurf Platanenreihen für die auf den Platz führende Hardenberg-, Budapester- und Kantstraße vor.

Widerspruch an der Abholzung der Breitscheid-Bäume hatte es im Vorfeld des Wettbewerbs gegeben. Die Gedächtniskirchengemeinde als auch Charlottenburgs bündnisgrüne Baustadträtin Beate Profé kritisierten den entstehenden „Ort der Leere“. Profé warnte angesichts der angestammten Szene davor, den Platz „neu erfinden zu wollen“.

Die gesamten Investitionen für das Projekt sollen nach Angaben von Stimmann nicht allein vom Land getragen werden. An den Kosten für die rund 2,5 Millionen Mark zur Zuschüttung des Tunnels wollen sich die Eigentümer der Dienstleistungsgebäude am Platz, Hans Karl Herr, die Europa-Center GmbH und die Gemeinschaft Zentrum am Zoo, beteiligen. Wie viel Gelder diese allerdings zum Baubeginn 2001 zur Verfügung stellen werden, wollten die Investoren gestern nicht sagen. ROLF LAUTENSCHLÄGER

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