: Weiter Atomstreit
Kanzler widerspricht Wirtschaftsminister: Keine Einigung bei Konsensgesprächen auf 30 Jahre. AKW Mülheim-Kärlich bleibt Problem
BERLIN dpa/ap/taz ■ Bei den geheimen Konsensverhandlungen über den Atomausstieg gibt es offensichtlich Ermüdungserscheinungen, was die Kommunikation betrifft: „Grundsätzlich“ habe man sich auf 30 Jahre Restlaufzeit bei den AKWs geeinigt, hatte sich am Wochenende Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) Medien gegenüber geäußert und damit eine Lawine an anderslautenden Äußerungen provoziert. „Für uns nicht vorstellbar!“, widersprach spornstreichs der Veba-Vorstandssprecher Ulrich Hartmann, das sei „alles sehr angeblich“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Rande der Präsidiumssitzung der SPD in Köln.
Am Nachmittag waren die Verhandlungspartner wieder auf dem alten Stand: Bis zur Sommerpause wolle man sich einigen, sagte Grünen-Vorstandssprecherin Gunda Röstel gestern in Berlin, die Restlaufzeiten seien strittig und die 30 Jahre für die Grünen der zentrale Punkt.
Probleme bereitet weiterhin das stillgelegte Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich. Unklar ist, wie sich eine Anrechnung von Mülheim-Kärlich auf das Gesamttableau von Restlaufzeiten und Reststrommengen auswirken würde. Das Kraftwerk lieferte nur zwischen 1986 und 1988 mit Unterbrechungen etwa ein Jahr lang Strom. Würde man seine theoretische Restlaufzeit von somit 29 Jahren auf alle anderen Atomkraftwerke verteilen, würde sich deren Laufzeit jeweils um gut eineinhalb Jahre erhöhen.
Die rheinland-pfälzischen Grünen fürchten zudem, dass RWE eine für Mülheim-Kärlich angerechnete Strommenge zum Teil ausgerechnet dem ebenfalls ihr gehörenden Kraftwerk Biblis zuschlagen könnte. Dessen Sicherheit wird seit langem ernsthaft bezweifelt. RWE als Betreiber von Mülheim-Kärlich lehnte jede Stellungnahme zum Verhandlungsstand ab. Sprecher Volker Heck bekräftigte lediglich den Standpunkt, dass Mülheim-Kärlich Teil des Konsenses sein soll.
Die Grünen-Energiepolitikerin Michaele Hustedt sagte, die Konsensgespräche seien zu „90 Prozent“ abgeschlossen. Zu Laufzeiten wollte sich Hustedt vor Abschluss der Gespräche nicht äußern. Hustedt und der SPD-Energieexperte Michael Müller wiesen nochmals das Ansinnen der Union zurück, in die Konsensgespräche einbezogen zu werden. Von CDU und CSU sei keine konstruktive Lösung zu erwarten, da sie den Ausstieg nicht wollten, sagte Hustedt. Vor Ostern sind wohl keine weiteren Verwirrungen mehr zu erwarten. Laut Regierungssprecher soll die Expertengruppe erst am 2. Mai erneut zusammenkommen. mra
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