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BILD beißt sich in den eigenen Schwanz

■ Zeitung lanciert eine Unterschriften-Aktion gegen Kampfhunde unter falschem Namen / Das Bürgerbegehren entspringt nur einer Sammelleidenschaft der Springer-Boulevard-Postille

Nach dem gefährlichen Kampfhundeangriff in Bremerhaven wollte die BILD-Zeitung es den Bürgern richtig zeigen: Mit dem ersten BILD-Bürgerbegehren! Die Unterschriftensammlung gegen Kampfhunde wäre sogar das erste Bürgerbegehren überhaupt im Stadtstaat – wenn es denn eines wäre.

Zwar druckte BILD einen Ausschneide-Coupon, der vorschriftsmäßig sowohl eine Spalte für die Adresse der Unterzeichner als auch den Forderungs-Text enthält: „Verbot der Haltung, Züchtung und Kreuzung der 15 gefährlichsten Kampfhunderassen“ sowie Maulkorbpflicht und Kampfhunde-Führerschein verlangt die BILD im Namen der Bürger. Nur mit der Zuständigkeit ist das Blatt ein wenig durcheinandergekommen: „Bürgerbegehren“ sind nur in Bremerhaven vorgesehen, als kommunale Variante des Volksbegehrens.Die BILD will mit ihrer Aktion jedoch Innensenator Bernt Schulte (CDU) „unterstützen“, der das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz einbringen will. Deshalb wollen die Verfasser des Aufrufs die Unterschriften auch „im Rathaus“ abgeben.

Die Kriterien für ein Volksbegehren erfüllt ihre Aktion auch unabhängig vom Namen nicht ganz: Dazu müssten auch die „Vertrauenspersonen“ mit Namen und Anschrift angegeben sein, die als Träger des Begehrens auftreten wollen, erklärt Joschi Schmidt von der Initiative „Mehr Demokratie e.V.“. Für ihn ist die Aktion daher eine „reine Unterschriftensammlung ohne verbindlichen Charakter, mit der offensichtlich Stimmung gemacht werden soll.“

Das ist vielleicht gar nicht nötig, ist doch ohnehin klar, dass sich die Länder-Innenminister auf ihrer Konferenz im Mai mit dem Thema befassen werden. „Aber es nützt nichts, wenn wir da einen Alleingang machen“, sagt Schultes Sprecher Hartmut Spiesecke, „sonst kaufen sich die Leute ihren Kampfhund eben in Weyhe oder Osterholz.“ Ob sich sein Dienstherr den BILD-Forderungen im Detail anschließen will, konnte Spie-secke gestern noch nicht sagen: Es wird noch geprüft. Hoffentlich gründlich, denn die Boulevard Kollegen wollen den Kampfhunde-Fans ein Hintertürchen offenlassen: „Wenn ein Tierarzt bestätigt, dass der Hund keine Angriffslust hat“ soll es Ausnahmen geben. Ob ein solcher Agro-TÜV im Fall von Irrtümern auch für die Konsequenzen haftet?

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