Erfolgsbilanz mit Schatten

Der deutsche General Reinhardt tritt als KFOR-Kommandant ab. Viele Probleme bleiben

von ERICH RATHFELDER

Bomben erschütterten in der Nacht zu Dienstag Priština. Der kosovo-albanische Offizier Besim Mala, Kommandeur der Kosova-Schutztruppe TMK, wurde Opfer eines Anschlages. Dann wurde noch ein Wohnhaus mit Granaten beschossen und einige Wohnungen zerstört. Obwohl es sich diesmal wohl um inneralbanische Konflikte gehandelt hat, war die Botschaft der Explosionen nicht nach dem Geschmack der internationalen Militärs.

Dem scheidenden deutschen General Klaus Reinhardt fiel es bei der Einführung des spanischen Generals Juan Ortuno als neuen Oberkommandierenden der 43.000 Mann starken KFOR-Truppe also schwerer als geplant, auf die Erfolge der KFOR während seines halbjährigen Kommandos hinzuweisen: auf die Leistungen beim Wiederaufbau und die politische Beruhigung.

Als jüngsten Erfolg bewertet er, dass die lokale Führung der Serben im Land in Zukunft zur Zusammenarbeit mit den internationalen Institutionen und der albanischen Seite bereit ist. Das ist sicher ein Verdienst des 55 Jahre alten, dennoch jugendlich wirkenden Generals, dem man so viel Führungskraft nicht zugetraut hatte. Das Chaos der ersten Monate nach dem Einmarsch der Nato-Truppen am 13. Juni 1999 ist seit seinem Kommando einer geordneten Entwicklung gewichen. Zwar bleiben die brennenden Häuser von Serben und Roma nach der Rückkehr der albanischen Vertriebenen in Erinnerung. Die KFOR versuchte, die Wut mancher Rückkehrer gegen wirkliche und vermeintliche Paramilitärs und Kollaborateure mit dem serbischen Regime sogar mit Waffengewalt zu stoppen. Trotz ihrer gewaltigen Militärmacht mussten aber an die 600 Tote hingenommen werden.

Nachdem Reinhardt Ende Oktober Kommandeur geworden war, hat sich die Zahl der Toten drastisch verringert. Es war für ihn nicht leicht, gegen eine Pressekampagne anzukommen, die individuelle Racheakte mit dem systematischen staatlichen Terror des serbischen Regimes gleichsetzte, dem zwischen 10.000 bis 15.000 Menschen zum Opfer gefallen waren. Dass seit Einmarsch der Nato immer noch mehr Albaner als Serben und Roma umgekommen sind, wollte die Öffentlichkeit nicht sehen.

Dennoch: Die Lage der Minderheiten ist auch unter Reinhardt unbefriedigend geblieben. Die 90.000 Kosovo-Serben sind in 13 Enklaven und Mitrovica zusammengedrängt, der größte Teil der Roma und Ashkali vertrieben, Bosniaken und andere muslimische Serben Anfeindungen ausgesetzt. Den Friedensprozess fortzusetzen, die Rückkehr der Flüchtlinge zu garantieren, ist nicht nur Aufgabe der Militärs, sondern der UN-Verwaltung und der internationalen Polizei.

Auf der Habenseite Reinhardts stehen große Erfolge der KFOR bei der Umsetzung des Abkommens von Rambouillet: Im letzten Winter ist niemand verhungert, die Kosova-Befreiungsarmee UÇK wurde demilitarisiert, die Nachfolgeorganisation TMK steht unter Kontrolle der KFOR, der kosovo-albanische Schattenstaat existiert nicht mehr. Der Wiederaufbau der Region ist vor allem im Westen fortgeschritten.

Die KFOR-Truppen haben sich unter Reinhardts Kommando von vielen zivilen Aufgaben zurückgezogen. Sie bilden aber das Schutzschild für die Aktivitäten von UNMIK und Hilfsorganisationen. Auch darauf hat Reinhardt in den letzten Wochen stets hingewiesen. Mit scharfen Worten forderte er die Regierungen der Mitgliedsländer der KFOR auf, die zivilen Anstrengungen zu erhöhen. Nur ein Bruchteil des Geldes, das für den Krieg aufgewendet wurde, sei für den zivilen Wiederaufbau zur Verfügung gestellt.

Die jüngsten Bomben schmälern nicht die Erfolge der KFOR. Sie verweisen jedoch auf die politische Seite des Konfliktes. Die westlichen Politiker haben die Definition des Status des Kosovo aufgeschoben. Die Diskussion über die Teilung der Provinz hat viele irritiert und könnte zu einer politischen Radikalisierung beigetragen. Der neue Oberkommandierende, der Chef des Eurokorps ist, wird gefordert sein.