: Massimo D`Alema ohne Rückhalt
Italiens linksdemokratischer Regierungschef hatte die Regionalwahlen zur Schicksalswahl für die Mitte-Links-Koalition erklärt. Nun bleibt ihm nichts anderes, als aus der Niederlage auch die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutretenaus Rom MICHAEL BRAUN
Nach nur 18-monatiger Amtszeit ist die Regierung Massimo D`Alemas am Ende. Schon am Montagabend hatte der Regierungschef bei Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi seinen Rücktritt eingereicht und damit die Konsequenz aus der deutlichen Wahlniederlage seiner Koalition bei den Regionalwahlen gezogen. Zwar lehnte Ciampi D`Alemas Rücktrittsgesuch zunächst ab und forderte ihn auf, sich im Parlament einer Vertrauensdebatte zu stellen, doch der Ministerpräsident scheint fest zum Rückzug entschlossen.
Es war D`Alema selbst, der die Wahlen vom Sonntag zu einem Vertrauensvotum des ganzen Landes über seine Regierung erklärt hatte; schon deshalb gibt es zu einem Rücktritt keine Alternative. Dem Regierungschef wird die Entscheidung dadurch leichter gemacht, dass ihm nicht nur die Wähler, sondern auch seine politischen Partner die Gefolgschaft aufgekündigt haben. „Ein gerüttelt Maß an der Verantwortung für die Wahlniederlage“, schrieb Pierluigi Castagnetti, Vorsitzender der katholischen Volkspartei, D`Alema zu. Auch Arturo Parisi, Vorsitzender der „Democratici“, ging nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse sofort auf Distanz und forderte einen „neuen Premier“. Und selbst Politiker D`Alemas eigener Partei, der Linksdemokraten, rückten von dem Verlierer ab. Antonio Bassolino, als frisch gewählter Präsident der Region Kampanien einer der wenigen am Sonntag erfolgreichen Kandidaten des Regierungslagers, verlangte nach einer Lösung, die die Attraktivität der Koalition für die Wähler der Mitte erhöhe. Für eine solche Lösung steht gerade D`Alema nicht: Trotz seiner äußerst moderaten Wirtschaftspolitik, trotz seiner fortwährenden Bekenntnisse zu den heiligen Werten der Liberalisierung, Flexibilisierung und Privatisierung haftet ihm immer noch der Stallgeruch des KP-Apparatschiks an.
Doch es steht noch in den Sternen, ob dem Mitte-Links-Bündnis nach einem Rücktritt D`Alemas überhaupt die Neuauflage einer Regierung gelingt. Zwar kämen die vom Berlusconi-Block lautstark reklamierten Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt einem politischen Selbstmord der Regierungskoalition gleich. Für einige der kleineren Koalitionspartner ist die Suizidlösung aber durchaus attraktiv. Am 21. Mai nämlich sind die Italiener zu einem Referendum über ein neues Mehrheitswahlrecht aufgerufen. Gerade die heute noch im Parlament präsenten Miniparteien fürchten, die Wahlrechtsänderung könne ihren erzwungenen Abschied aus der Politik bedeuten. Im Regierungslager befürworten deshalb allein die Linksdemokraten und die Democratici das Referendum. Eine Parlamentsauflösung zum jetzigen Zeitpunkt dagegen käme den Referendumsgegnern wie gerufen: Die Volksabstimmung würde ausgesetzt, das Parlament nach dem bisher gültigen Wahlrecht gewählt. In unter Politikern seltener Offenheit erklärte Gerardo Bianco von der Volkspartei: „Ein neues Wahlrecht, das uns ausradiert, ist viel gefährlicher als Neuwahlen. Eine Wahlniederlage, was heißt das schon?“ Es steht deshalb zu befürchten, dass die jetzt laut werdenden Rufe nach neuer Geschlossenheit und Solidarität in der Koalition ungehört verhallen werden. Rechnerisch war schon die Regierung D`Alema ein Minderheitskabinett, im Amt nur dank der Stimmenthaltung der Zwei-Prozent-Sozialisten.
Sollte nur einer der bisherigen Partner jetzt aus dem Bündnis ausscheren, dann dürften Neuwahlen unvermeidlich werden. Und dann steht zu befürchten, dass Italien sich binnen weniger Wochen unter einer Berlusconi-Regierung wiederfindet, während die Mitte-Links-Allianz zersplittert wie eh und je die Oppositionsbank drückt.
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