: Airbus darf das Loch versenken
Vernichtung des Mühlenberger Lochs für Montage des Riesen-Jets A3XX möglich. EU-Kommission hat vorerst keine Einwände ■ Von Sven-Michael Veit
Der Wirtschaftssenator, so wird gemunkelt, soll gelächelt haben. „Erfreut“ nahm Thomas Mirow gestern zur Kenntnis, dass die Brüsseler EU-Kommission die Vernichtung des Mühlenberger Lochs zugunsten der Erweiterung des Finkenwerder Airbus-Werkes nicht verbietet. Damit habe Hamburg „sehr gute Chancen“, Produktionsstandort des Riesen-Airbus A3XX zu werden, frohlockte der SPD-Senator.
Die „negativen Umweltauswirkungen“ einer Zuschüttung der ökologisch wertvollen Elbbucht seien „durch zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ zu rechtfertigen, hatte EU-Umweltkommissarin Margot Wallström gestern Mittag erklärt. Dazu seien vor allem Arbeitsplatzargumente und industriepolitische Erwägungen zu zählen. Eine abschließende Prüfung der von Hamburg angebotenen Ausgleichsmaßnahmen nahm Wallström allerdings noch nicht vor. Diese müsse im Gesamtzusammenhang aller von Deutschland nach der EU-Naturschutzrichtlinie „Natura 2000“ noch anzumeldenden Schutzgebiete erfolgen.
Im Grundsatz erlaubt die Brüsseler Kommission mit dieser „Stellungnahme“ die von Hamburg geplante Zuschüttung eines Viertels des Süßwasserwatts an der Elbe. Zugleich verschiebt sie die Bewertung der ökologischen Ersatzflächen auf einen späteren Zeitpunkt. Damit kann Hamburg zunächst das laufende Planfeststellungsverfahren mit einem förmlichen Beschluss beenden (siehe Text unten).
Noch ist allerdings völlig offen, ob Airbus den A3XX überhaupt bauen wird und wo. Entscheidungen des Konzerns über den Produktionsstart und den Standort sind frühestens im Sommer zu erwarten. Eine „positive Entscheidung“ von Airbus, räumt Mirow ein, bleibe aber „Voraussetzung für den geplanten Eingriff“.
In Luftfahrt-Fachkreisen wurde kürzlich heftig darüber spekuliert, dass Airbus die Endmontage des Jumbos zwischen den beiden Konkurrenten Hamburg und Toulouse aufteilen könnte. Danach würde der in der französischen Stadt gefertigte Rohbau im Dasa-Werk Finkenwerder lediglich die Innenausstattung erhalten. Ein solcher Teilauftrag würde nur einen Bruchteil der erhofften mehreren tausend Arbeitsplätze schaffen und ein wenig überzeugendes Argument für die Erweiterung des Werks liefern.
In letzter Konsequenz werde ohnehin der Europäische Gerichtshof entscheiden müssen, stellten gestern die Rechtsanwälte Peter Mohr und Rüdiger Nebelsieck klar. Sie vertreten Anwohner und Umweltschutzverbände. Wallströms Stellungnahme sei wegen der Nichtbewertung der Ausgleichsmaßnahmen „unvollständig und keine taugliche Grundlage“ für einen Planfeststellungsbeschluss.
Sollte die Wirtschaftsbehörde diesen dennoch fassen, sei die Anrufung des höchsten europäischen Gerichts wegen der „weit über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung des Falles“ unumgänglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen