Am Ende der Nacht

Die Liebe existiert nur als Erinnerung und Vision. Oder sie ist ein Experiment, dessen Ausgang tödlich ist: Xavier Durringers „Bal-Trap“ unter der Regie von Ina Schott in den Kammerspielen des Deutschen Theaters

Die Feier ist vorbei, dann schnappt die Falle zu: Vier Menschen zappeln darin, zwei Paare könnten es sein. Die einen trennen sich, die anderen finden sich. Ereignisse am Ende einer Nacht, Begegnungen zwischen zwei Männern und zwei Frauen in der Grauzone vor einem neuen Tag.

„Bal-Trap“ der Titel müsste wörtlich mit Fest-Falle übersetzt werden. Der französische Autor Xavier Durringer schreibt über die Liebe, als wäre sie ein Experiment mit zwingend tödlichem Ausgang. Von den vier Figuren besetzt jede eine bestimmte Position im Liebesspiel. Gino (Hans-Jochen Wagner) will festhalten, weil hinter der Liebe nur Verzweiflung auf ihn wartet. Lulu (Claudia Hübbecke) strebt davon, sie ist bitter, ihre Träume haben sich abgestoßen am Alltag. Bulle (Bettina Scheuritzel) ist das „Nie wieder“ und Muso das „Trotzdem“. Sie sind gefangen in einem sich immer wieder ereignenden Paarungsmechanismus, dem seine Mitte abhanden gekommen ist: Liebe existiert nur als Erinnerung und Vision, aber sie hat keine Gegenwart.

Ina Schott hat Durringers Stück ins Deutsche übersetzt und im Foyer der Kammerspiele so zurückhaltend inszeniert, dass die Aufführung einer gespielten Lesung gleich kommt. Der Text ist – so geboten – nur geschwätzige Oberfläche, müßiges Beziehungsgequatsche mit beliebigem Ausgang. Sie ist nicht zu hören, die heillose Stille, nicht zu sehen, die genaue Konstruktion, nicht zu spüren, die Theaterfalle, die zuschnappt über den Protagonisten, einen schwarzen Schatten auf das Leben und die Liebe werfend.

Durringers Sprache ist wie gewachsen und doch zutiefst künstlich, aber nur Stephan Grossmann als Muso gelingt es, sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen: Seine Aufdringlichkeit ist mit Schüchternheit versetzt und sein Spießertum mit beiläufigen Dichterworten. Sein Muso rückt den anderen auf die Pelle und geht doch auf Distanz. Er sieht die Hoffnungslosigkeit und geht darüber hinweg. Er gibt seiner Rolle einen bewegten Körper und der Sprache eine Farbe – „Wasserblümschen“ sächselt er. Die anderen Darsteller spielen quasi noch mit dem Textbuch in der Hand. Sie stehen viel und sitzen viel und sagen viel. Sie wissen – noch – nicht so richtig, was sie eigentlich tun. Das bessert sich schon ein wenig im Laufe des Abends. Die Premiere ist zehn Tage später herausgekommen als ursprünglich geplant. Vielleicht sind Ina Schott und ihr kleines Team einfach nicht fertig geworden.

REGINE BRUCKMANN

Nächste Vorstellungen: 7. bis 9. Mai und 15. bis 16. Mai, jeweils ab 19.30 Uhr , Kammerspiele des Deutschen Theaters, Schuhmannstr. 13, Mitte