Darkroom der Geschichte

Seuchen, Schreie, Spezialeffekte: Der „Hamburg Dungeon“ präsentiert Gruseliges aus der Vergangenheit der Hansestadt  ■ Von Sylvia Massow

Pestarzt Alfons drückt an den Pestbeulen seines Patienten herum – zu seinem Vergnügen und zum Ekel der BesucherInnen. Ein Feuerwehrmann jagt erschrockene Menschen durch die engen und heißen Gassen der brennenden Stadt. Nebenan werden Folter, Hinrichtungen, Seuchen, Schreie und Gestank geboten: Im „Hamburg Dungeon“ können die BesucherInnen ab dem 3. Mai die dunkle Geschichte der Hansestadt sehen, hören, fühlen und riechen.

Mit aufwendigen Spezialeffekten, 300 Lautsprechern, 15 Kilometern Kabel und zehn Millionen Mark hat die Dungeon Deutschland GmbH ein Gebäude in der Speicherstadt in das mittelalterliche Horrorkabinett verwandelt. Vorbild ist der London Dungeon. In den nächsten Jahren sollen mindes-tens drei weitere Dungeons in Deutschland entstehen, alle auf die jeweilige Stadtgeschichte abgestimmt.

Mit dem Fahrstuhl des Grauens beginnt die (Tor)Tour. Die Türen ächzen bedrohlich, Ratten scharren in der Ecke, und unaufhörlich ertönen von allen Seiten Schreie und Hilferufe. Diese penetrante Geräuschkulisse begleitet die BesucherInnen während der gesamten, bis zu zwei Stunden dauernden Führung. Zehn bis zwanzig Schauspieler führen die kleinen Gruppen von einem Raum zum nächsten und erzählen oder spielen dabei schaurige Geschichten. „Dieser Ort symbolisiert den Masochismus der Menschheit“ fasst ein Skelett zusammen. Ein Folterknecht ermutigt seine neuen Opfer, laut zu schreien, denn „Schreie sind für mich Musik“.

„Unsere Gäste sollen sich nicht nur gruseln“, erläutert Geschäftsführer Johannes Mock das Konzept, „sie sollen auch einiges über die Geschichte Hamburgs mitnehmen.“ So können die BesucherInnen den Brand von 1842 erleben und mit ansehen, wie dem Piraten Klaus Störtebeker der Kopf abgeschlagen wird – letzteres jedoch nur als Schattenspiel. Der bekannteste Teil der Legende allerdings, der besagt, dass der kopflose Körper des Piraten an seinen Mannschaftskameraden vorbeiläuft, um sie zu retten, wird den erwartungsvollen BesucherInnen vorenthalten.

Zielgruppe seien vor allem Jugendliche, denen nichts zu gruselig und zu ekelig sein kann, so Mock. Fans von Filmen wie ,Braveheart' und ,Der Name der Rose' würden ihren Spaß haben. Obwohl er den Dungeon wie seine Westentasche kenne, gesteht der Geschäftsführer, „wird mir doch mulmig zumute, wenn ich abends alleine durch das Gebäude gehen muss.“

Kindern unter zwölf Jahren würde er den Besuch nicht empfehlen. Auch für psychisch oder physisch labile Menschen sei die neue Dauerausstellung weniger geeignet. Immerhin: Falls jemandem angesicht der Foltergeräte doch schwarz vor Augen wird, ist Hilfe zur Stelle. Alle Schauspieler und Mitarbeiter mussten eine Feuerschutz- und Ers-te-Hilfe-Ausbildung besuchen. Und mit viel Glück ist auch Pestarzt Alfons gerade in der Nähe.

Hamburg Dungeon, Kehrwieder 2, 36 00 55 20, Eintritt 18 Mark, Kinder (die sollen doch gar nicht rein?) elf, Senioren 15 Mark