: Urwald in der Hauptstadt
Grüne fordern Novellierung des veralteten Landeswaldgesetzes: Urwälder statt Nutzwälder, keine Umwandlung der Forsten in rentable Baugebiete. Umweltsenator stimmt dem Vorstoß zu
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Mit einer Gesetzesinitiative zum verstärkten Schutz der Berliner Wälder will die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen den Senat noch vor der Sommerpause unter Zugzwang setzen. Kernpunkte des Novellierungsvorschlags, der das seit 1979 bestehende Waldgesetz reformieren soll, sind neben einer naturgemäßeren Waldwirtschaft und der Ausweisung von urwaldartigen Biotopen insbesondere Regelungen zur Walderhaltung. Die Umwandlung in Baugebiete etwa durch Privatisierungen oder gar Grundstücksspekulationen mit landeseigenen Forsten sollen untersagt bzw. eingeschränkt werden.
Die Notwendigkeit einer Gesetzesnovellierung sieht der umweltpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Hartwig Berger, zum einen darin, dass die 1979 verabschiedete Regelung zum Landeswaldgesetz „nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist“. Seit dem Fall der Mauer habe sich die Bedeutung der Berliner Wälder verändert, sagte Berger gestern. Zu den 17.500 Hektar städtischen Wäldern seinen 11.500 Hektar Berliner Forsten in Brandenburg hinzugekommen. Dennoch benötigten die Bürger der vereinigten Stadt vermehrt stadtnahe Erholungsflächen.
Zum anderen, so Berger weiter, sei der Wald „neuen Nutzungsansprüchen“ ausgesetzt. Angesichts der schlechten Haushaltslage bestehe die Gefahr, dass Waldflächen in Berlin und Brandenburg rentabel veräußert werden könnten. Zugleich zeigten Beispiele, dass die private Nutzung von Naturflächen – etwa am Teufelsberg, auf den Müggelbergen – zu Bebauungen geführt hätten.
Konkret fordert Berger einen erhöhten ökologischen Schutz der Wälder und Entschädigungszahlungen sowie doppelte Ersatzflächenbereitstellung bei Umwidmungen. Die Praxis einer „naturgemäßen Waldwirtschaft“ müsse im Waldgesetz Beachtung finden. Außerdem sollen 10 Prozent des Waldes als „sich selbst überlassener Urwald“ wieder erstehen.
Das Grünen-Gesetz stößt bei der Umweltverwaltung auf offene Ohren. Bausenator Strieder, sagte dessen Sprecherin Dagmar Bucholz, lasse ebenfalls eine Gesetzesnovelle „erarbeiten“. In „vielen Punkten“, so Bucholz, sei man mit den Berger-Plänen einverstanden. Probleme hätte die Verwaltung aber mit dem 10-prozentigen Urwald. Insgesamt orientiere sich die Waldpolitik am Erhalt und der Vermehrung der Flächen. Der Vorwurf der Umwandlung greife darum nicht.
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