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Die Marionette

Susanne Riess-Passer folgt Jörg Haider als FPÖ-Parteichefin.Noch hat sie sich von ihrem politischen Übervater nicht gelöst

Wird sie aus Jörg Haiders Schatten treten, oder bleibt sie seine Erfüllungsgehilfin? Susanne Riess-Passer wurde gestern von der FPÖ zur ersten Frau an der Spitze einer österreichischen Partei gewählt. Sie wird es nicht leicht haben, sich eine eigene Identität zu erarbeiten. Denn ebenso wie ihre bisherige Funktion als Vizekanzlerin verdankt sie die Wahl zur „Parteiobfrau“ ihrem Vorgänger und Übervater Haider. Sie gilt als treu ergebene Dienerin ihres Herrn, dem sie noch nie öffentlich widersprochen hat. Auch wenn man ihr gelegentlich ansieht, wie schwer es ihr fällt, Haiders starke Sprüche zu verteidigen.

Die 39-jährige Juristin hat vor dem Parteitag wissen lassen, sie wolle „den erfolgreichen Weg der FPÖ in den letzten 15 Jahren unter Parteiobmann Jörg Haider“ weitergehen. Sie stellte klar: „Wer mein Verhältnis zu Haider kennt, weiß, dass ich ihm den Führungsanspruch niemals streitig mache.“ Doch gleichzeitig muss sie auch auf auf Distanz zu ihm gehen, wenn sie Profil gewinnen und beweisen will, dass die FPÖ weder rechtsextrem noch unberechenbar ist. Ein Hochseilakt, der mehr Gleichgewichtssinn erfordert, als man in Wien Riess-Passer zutraut. Hinzu kommt, dass mit Widerständen aus den eigenen Reihen zu rechnen ist. Von den freiheitlichen Kabinettskollegen hat zumindest der smarte Finanzminister Karl-Heinz Grasser schon angedeutet, dass er sich von Haiders Zurufen aus Klagenfurt nicht länger beeinflussen lassen will.

Andererseits sollte man Riess-Passer nicht leichtfertig unterschätzen. Bewundernd und hämisch zugleich wird sie in der eigenen Partei „Königskobra“ genannt. Denn es ist ihr immer wieder gelungen, in Haiders Auftrag in rebellischen Landesparteisektionen für Ordnung zu sorgen. Zudem kann sie sich der Unterstützung durch Haider sicher sein, der offensichtlich hofft, den Geniestreich von vor vier Jahren schlicht wiederholen zu können. Damals sorgte er für die Ernennung von Riess-Passer zur „geschäftsführenden Parteiobfrau“ – und obwohl es ein durchsichtiges Täuschungsmanöver war, erschien seine Partei nicht mehr als ein reines Sammelbecken von Ewiggestrigen und spätpubertären Burschenschaftlern. Stimmenzugewinne bei Frauen und ehemaligen SPÖ-Wählern waren die Belohnung.

Frauenpolitische Themen liegen Riess-Passer dennoch fern: Sie hält wenig von Quoten und gezielter Frauenförderung. Von ihren Freunden als Beweis für die fortschrittliche Denkungsart der Regierung gepriesen, wird sie von der Opposition nicht als Gewinn für die Frauenbewegung betrachtet. RALF LEONHARD

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