: Für Bürgerrechte
Die Sexarbeiterin: Scarlot Harlot fordert Respekt
Auf dem ersten SexarbeiterInnen-Solidaritäts-Tag Europas
Als wir den SexarbeiterInnen-Solidaritäts-Tag vor ein paar Jahren in San Francisco ins Leben gerufen haben, wollten wir damit die Vorurteile gegenüber der „bösen Hure“ attackieren. Prostituierte und Pornodarsteller gehen in den USA am 1. Mai gemeinsam auf die Straße. Sie verstehen sich als Sexarbeiter – als Leute, die in der Sex-Industrie arbeiten. In den vergangenen Jahren haben sie angefangen, sich stärker zu organisieren. Im vergangenen Jahr fand bereits ein so genannter „Marsch der sexuellen Befreiung“ in London statt und nun der europaweit erste Solidaritätstag in Berlin.
Die Prostitution ist noch immer mit einem Stigma belegt – in den USA noch stärker als in Europa. Die Prostituierten können sich bei uns nicht sozialversichern, viele haben sogar ein Reiseverbot. Die Angst vor Verhaftung und Gefängnis ist in der Szene sehr groß, weil wir kriminalisiert werden. Deshalb haben sich an den 1.-Mai-Demonstrationen bisher auch nie mehr als 100 Leute beteiligt. Viele der Prostituierten haben außerdem immer noch Angst, dass ihre Familien und Freunde von ihrem Job erfahren.
Kein Politiker wagt es, für unsere Anliegen öffentlich einzutreten. Wir wollen deshalb am 1. Mai selbst mit den Menschen reden und ihnen unsere Forderungen darlegen. Was wir fordern, sind schließlich lediglich grundlegende Bürgerrechte.
Ich habe selbst zwanzig Jahre als Prostituierte gearbeitet. Mit meinen Performances will ich den Leute zeigen, wie es wirklich in der Sexindustrie zugeht, und alte Stereotypen aufbrechen. Unsere Arbeit verleiht uns auch Macht und es gibt nicht wenige, die Angst vor uns haben. Doch Prostituierte sind keine bösen Hexen und auch keine Frauen mit einem Herz aus Gold. Sondern ganz normale Menschen mit den gleichen Zielen und Träumen wie alle anderen auch.
Aber wir haben eben auch eine bestimmte gesellschaftliche Rolle. Unser Job ist extrem anstrengend; die Gesellschaft sollte uns größeren Respekt entgegenbringen. Protokoll: NICOLE MASCHLER
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