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Provider ist kein Verleger, sondern Telefonfirma

Wegweisendes Urteil in den USA. Onlinedienst Prodigy in letzter Instanz von Haftung für gefälschte E-Mails freigesprochen. In England geht die Rechtsprechung in die entgegengesetzte Richtung. In Deutschland rechtlich wieder alles im grünen Bereich

Auch im wichtigsten Internetland USA stritten Anwälte und Provider um die Haftung für den Inhalt. Anfang der Woche urteilte nun der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, im Sinne der Provider: Ein Internet-Service-Provider sollte nicht wie ein Verleger behandelt werden, meinten die Richter in Washington, sondern wie eine Telefongesellschaft – also wie eine Gesellschaft, die nur ihre technische Ausrüstung zur Verfügung stellt.

Der Supreme Court entschied in einem Berufungsverfahren aus New York. Vor sechs Jahren hatte dort ein Unbekannter im Namen eines Schülers obszöne Sprüche übers Netz versandt. Der Unbekannte eröffnete sogar E-Mail-Konten unter dem Namen des damals 15-Jährigen. Der Schüler verklagte den Provider, Prodigy Services. Doch schon die unteren Instanzen zeigten sich unwillig, Prodigy das „Privileg abzuerkennen, das Telefon- und Telegrafengesellschaften zuerkannt wird“.

Der Spruch aus den USA zeigt einen Widerspruch zwischen den beiden großen angelsächsischen Ländern. In Großbritannien ist der Provider rechtlich eher ein Verleger, kann also für den Inhalt der über ihn ins Web gestellten Seiten verantwortlich gemacht werden. Laut BBC haben deshalb einige britische Provider Websites geschlossen, nachdem sie von Rechtsanwälten dazu aufgefordert worden sind.

In Deutschland fand vor allem ein Urteil des Landgerichts München vom November 1999 Beachtung: Der ehemalige Geschäftsführer von CompuServe Deutschland wurde von der Münchner Staatsanwaltschaft verklagt, weil er seinen Kunden Zugang zu Kinderpornos und Gewalt verherrlichenden Videos verschafft haben soll. Das Landgericht nannte es jedoch weder „zumutbar“ noch „möglich“, den Zugang zu sperren. Noch in der ersten Instanz war der Geschäftsführer zu einer Geldbuße von 100.000 Mark und zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die ganze Internetbranche reagierte erleichtert auf den Erfolg der Berufung. rem

oeko@taz.de

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