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Und Gewalt zahlt sich doch aus

Die Farmbesetzungen zeigen Wirkung. Im Land herrscht Verunsicherung. Die Opposition ist eingeschüchtert. Präsident Mugabe ist zufrieden

aus Harare KORDULA DOERFLER

Sie sammeln sich in den kühlen Morgenstunden des afrikanischen Herbstes. In Bussen und Lastern werden sie vor den hässlichen Betonturm der Parteizentrale am Rande der Innenstadt gekarrt. Dann ziehen sie los. Es sind hunderte, abgerissene Gestalten, die singend, Schlachtrufe skandierend, durch Harare marschieren. Viele tragen T-Shirts der Regierungspartei Zanu-Pf. Ihr Ziel in diesen Tagen ist das Oberste Gericht von Harare. Die meisten Passanten gehen ihnen aus dem Weg. Mit dem aufgebrachten, abgerissenen Mob, der sich Kriegsveteranen nennt, ist nicht zu spaßen.

Vor dem kolonialzeitlichen Gebäude warten sie auf ihren Helden, der sich in gleich zwei Verfahren verantworten muss. Es kommt zu Tumulten, wenn Chenjerai „Hitler“ Hunzvi schließlich vorfährt. Auf Händen wird der Chef der einstigen Guerilleros am Morgen ins Gericht getragen. Hässliche Szenen spielen sich ab. Ausländische Journalisten werden beschimpft, bedroht. „Wir wollen euch nicht in unserem Land haben“, brüllt einer. Seine Augen sind blutunterlaufen, die Stimme heiser. „Wir wollen auch eure Sprache nicht sprechen, schließlich haben wir eine eigene Sprache.“ „Das Land gehört uns“, schreit ein anderer. Szenen wie diese wären noch vor einem Jahr unmöglich gewesen im friedlichen Simbabwe. Die Regierungspropaganda zeigt bereits Wirkung, es entsteht ein Klima von Angst und Einschüchterung.

Die Verhandlung beginnt erst Stunden später. Die Anklage ist pikant. Um Geld aus einem für versehrte Veteranen eingerichteten Fonds zu erhalten, soll Hunzvi falsche ärztliche Gutachten vorgelegt und unrechtmäßig abkassiert haben. Der schlanke, drahtige Mann sieht kerngesund aus. Doch nein. Er hat schwere Schäden aus dem Befreiungskrieg gegen Großbritannien davongetragen. Der ging 1980 zu Ende. Chenjerai Hitler Hunzvi behauptet von sich, 49 Jahre alt zu sein. Es könnten auch zehn Jahre weniger sein. Hinter dem Ohr trägt er neuerdings ein riesiges, leuchtend blaues Hörgerät. Wer könnte da noch bezweifeln, dass er schwerstbehindert ist?

Urteile haben keine Bedeutung

Am heutigen Freitag muss Hunzvi erneut vor Gericht. Dann läuft das Ultimatum aus, einem früheren Urteil endlich nachzukommen und die ungesetzlichen Farmbesetzungen zu beenden. Der fanatische Chef des Verbandes der Kriegsveteranen wird sich auch darum nicht kümmern, und er hat dafür Rückendeckung von ganz oben. Urteile der immer noch erstaunlich unabhängigen Justiz in Simbabwe haben keine Bedeutung mehr. Sie werden schlicht nicht vollstreckt, die Polizei weigert sich. Noch hoffen viele Simbabwer auf einen Kompromiss in der Landfrage, hoffen, dass der internationale Druck auf Mugabe doch noch Erfolg haben könnte. Doch wer hinhört, weiß: Hunzvi wird die Besetzer nicht zurückpfeifen. In zähen Verhandlungen mit dem Verband der weißen Großfarmer (CFU) hat er lediglich zugesichert, dass die Gewalt auf den Farmen aufhören soll.

Nicht einmal dieses Versprechen wurde eingehalten, und die Zahl der besetzten Farmen stieg auch in dieser Woche weiter an. Genau 1.151 waren es der CFU zufolge gestern, Tendenz steigend. Auf die Landkarte im Hauptquartier der CFU am Rande der Harare werden täglich mehr bunte Pins gespießt. Dort hat man ein Kontrollcenter eingerichtet, in dem 24 Stunden lang die neuesten Nachrichten aus dem ganzen Land einlaufen. Eine neue Eskalation gegen die weißen Besitzer hat seit den ersten beiden Morden an zwei Farmern nicht stattgefunden. Die Gewalt richtet sich nun vor allem gegen die Farmarbeiter, die als Sympathisanten der neuen Oppositionspartei „Bewegung für demokratischen Wandel“ verdächtigt werden. Zu tausenden werden sie verprügelt, gefoltert, ihres ohnehin nur armseligen Hab und Gutes beraubt und schließlich in den Umerziehungsunterricht gezwungen. „Die Einschüchterung wird funktionieren“, glaubt Gerry Davison im Kontrollraum der CFU. „Kein Farmarbeiter wird sich auch nur in die Nähe eines Wahllokales wagen.“

Dabei hat Mugabe noch immer keinen Wahltag festgesetzt. Da zwischen Ankündigung und Wahl mindestens fünf Wochen liegen müssen, kann sie nicht mehr im Mai stattfinden. Als neuer Termin wird nun Mitte Juli gehandelt, manche hoffen noch auf Mitte Juni. Niemand weiß etwas Genaues, und die, die es vielleicht wissen, schweigen. Über Simbabwe hängt eine dunkle Wolke von Ungewissheit. Jedes Szenario, von der friedlichen demokratischen Ablösung Mugabes bis hin zum Kriegsrecht, wird gehandelt. Im Alltag macht sich tiefe Unsicherheit breit. Mal gibt es Benzin, mal nicht. Mal gibt es Geld auf den Banken, mal nicht. Abends liegt die Stadt oft stockdunkel. Die Stromrechnungen des Landes werden bereits von Südafrika bezahlt.

Tiefe Unsicherheit macht sich breit

Nur den Landbesetzern geht der Strom eigentümlicherweise nicht aus. Deren Invasionen werden weiterhin im Präsidentenpalast gedeckt. „Die Kriegsveteranen werden die Farmen nicht verlassen, es sei denn, die von der Regierung bereits zur Enteignung vorgesehenen 841 Farmen werden freigegeben“, ruft Robert Mugabe seinen Anhängern zu. Und: Er werde weder Polizei noch Armee schicken, um sie zu verjagen. Fast zwei Stunden lang spricht der Präsident am Mittwoch zu mehreren hundert jubelnden Zanu-Mitgliedern, um das Wahlprogramm vorzustellen. Die abendlichen Hauptnachrichten widmen dem Genossen Mugabe am gleichen Tag 28 von 30 Minuten.

Mugabe, noch immer ein guter Redner, hat nichts Neues zu sagen. Im Programm werden die alten Ziele der Befreiung beschworen: Landverteilung, Wohnungsbau, die Schaffung von Arbeitsplätzen, Armutsbekämpfung. Die Realität sieht ein wenig anders aus: Jeder zweite Simbabwer ist arbeitslos, die Staatsverschuldung hoch wie nie zuvor, die Inflationsrate liegt bei 70 Prozent, die Landreform ist grandios gescheitert, der von Gewalt überschattete Wahlkampf hat bereits 14 Menschen das Leben gekostet.

Dann teilt der 76-Jährige aus, beschimpft die MDC als Marionette von Neokolonialisten und Imperialisten, die weißen Farmer, die Briten, die ausländischen Medien. Mugabe droht, die Hälfte des von Weißen gehaltenen Landes nun zu enteignen. Er meint es ernst, betrachtet die Landnahme als Vollendung der Befreiung und der Revolution. Deren Feinde sind überall, Simbabwe ist Opfer einer Verschwörung, schon seit Jahrzehnten. „Sogar als wir für die Befreiung kämpften, wurden wir als Terroristen diffamiert.“ Der Präsident ist angestrengt, die Haut spannt sich wächsern über seine ohnehin asketischen Züge. So erschöpft und seltsam entrückt zugleich sah auch Erich Honecker kurz vor dem Mauerfall aus. Robert Mugabe trotzt der ganzen Welt, wenn es sein muss. Sein Lebenswerk will er noch vollenden.

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