Mal Opfer und mal Täter sein

■ „Zoff“ ist ein Präventionsprojekt gegen Jugendgewalt in Altona: Es wollen mehr Schulen mitmachen, als Geld da ist

„Ich weiß jetzt eher, wie ich mich in Gewaltsituationen verhalten soll. Nur die Aufwärmspiele waren peinlich“, beschreibt Özgür Özdemir, 16 Jahre alt, seine Erfahrungen mit dem Gewaltpräventionsprojekt „Zoff“ in seiner Klasse in der Schule Königstraße in Altona.

Hamburgs Jugendbehörde hatte das Projekt 1998 gemeinsam mit der Pestalozzi-Stiftung und den StraßensozialarbeiterInnen des Jugendamtes entwickelt. Eine Fragebogenaktion unter Jugendlichen hatte ergeben, dass „Abziehen“, Raub und Erpressung von Kleidung und Geld, im Stadtteil ein wachsendes Problem wurde.

Deshalb organisierten PädagogInnen und PsychologInnen einen Pilot-Versuch mit einer achten Realschulklasse. Innerhalb eines Jahres führten sie fünf Seminare zu dem Thema durch. Dabei gingen sie in ihrem Konzept davon aus, dass „Gewalt da entsteht, wo Jugendliche zu wenig Raum haben, ihre Identität zu entwickeln“ und deshalb verunsichert und orientierungslos sind. Darum versuchte das Projekt, die SchülerInnen bei der Identitätsfindung zu unterstützen. „Zoff“ habe nicht nur bewirkt, dass die Jugendlichen jetzt konstruktiver mit Konflikten umgingen, die multi-nationale Klasse „versteht sich auch viel besser“ , findet die Schülerin Isabelle Shittu-Raji.

Zu Beginn waren die 20 SchülerInnen skeptisch, „doch beim zweiten Mal war es schon richtig gut“, erinnert sich die 17jährige Isabella Gehres. Bald entstand der Wunsch nach einem wöchentlichen Klassen-Treff am Nachmittag. Den gibt es bis heute.

Das Neue an dem gewaltpräventiven Programm sei, so Projektleiterin Britta Gröger, dass „Zoff“ Schule und Jugendhilfe miteinander vernetze und Jugendlichen so die Schwellenangst vor offenen Hilfsangeboten genommen werde.

Anfragen hat es auch von vielen anderen Schulen gegeben, aber für die ist kein Geld vorhanden. Die Stadt zahlt das Projekt nur für jeweils eine Klasse. „Darum suchen wir dringend SpenderInnen, die weiteren Klassen die Teilnahme am Anti-Gewalt-Training ermöglichen“ (Telefon: 39 90 39 86). So könnten auch andere SchülerInnen die Erfahrung machen, die für Isabella Gehres die wichtigste war: in Rollenspielen „mal Opfer und mal Täter sein“, um in realen Konflikten besser reagieren zu können.

Kathi Schiederig