: Einstiegsluke Elternurlaub
■ Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Europa: Frankreich und Schweden machen vor, wie das aussehen könnte
Von den europäischen Nachbarländern lernen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hierzulande zu verbessern? Eine gute, aber riskante Frage, warnte gestern die Präsidentin der Bremer Angestelltenkammer, Irmtraud Gläser, zum Abschluss einer gleichnamigen Tagung von Angestelltenkammer und Frauengleichstellungsstelle. „Wir dürfen uns nicht in Visionen verfangen.“ Gerade jetzt müssten Bremerinnen bereits Erreichtes verteidigen. Angesichts knapper Haushaltslage wachse derzeit die Tendenz, Ehrenamtliche in alle öffentlichen Bereiche – von der
Bibliothek bis zur Schulbetreuung – zu integrieren. „Dass Eltern Schulen putzen, ist schon kein Tabu mehr“, so Gläser. „So was wird vor allem Mütter und Frauen treffen“.
Zuvor hatte die schwedische Journalistin Gisela Petterson dafür geworben, dass Frauen volkswirtschaftlich argumentieren müssten, damit Familie und Beruf leichter vereinbar würden. „Schon eine Sekretärinnenausbildung kostet 35.000 Mark.“ Die Frau dann zum Kinderkriegen jahrelang aufs Abstellgleis zu schieben, sei „volkswirtschaftlich purer Unsinn“. Mittlerweile lernten zudem Firmen wie Neckermann in Österreich zufriedene Eltern als ArbeitnehmerInnen schätzen. „Denn deren enorme Motivation nutzt dem Unternehmen“, so Petterson. „Jede Firma, die das Unruhepotential unzufriedener Mütter oder Väter nicht löst, hat Sand im Getriebe.“ Wenn Deutschland die „Einstiegsluke Elternurlaub“ etwa nach schwedischem Vorbild regele (15 Monate am Stück, wahlweise stückelbar für Mutter oder Vater bei 85 Prozent Lohnausgleich), sei dies auch ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil Familienleistung anders bewertet werden muss, sollte jedoch vor allem „auf Dienstleistung statt auf Geld“ gesetzt werden.
Was das heißt, machte Mechthild Veil vom Frankfurter „Büro für Geschlechterforschung in Europa“ deutlich. Dort habe der systematische Ausbau von schulischer Ganztagsbetreuung Familie und Berufstätigkeit gefördert. Die Zahl erwerbstätiger Frauen liege über dem deutschen Durchschnitt. Zugleich sei die Geburtenrate die zweit-höchste Europas – auch deshalb, weil Frankreich nur die Zwei-Generationen-Gemeinschaft fördere. „Das nutzt Kindern und Frauen.“ Die „Überhöhung der Ehe“ und damit verbundene Steuervorteile wie in Deutschland dagegen stabilisiere die Geburtenrate nicht .
ede
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