: Alberne Strapazen
Mit einem neuen Comedy-Format wagt sich Sat.1 in flachste Gewässer und erleidet dramatisch Schiffbruch: „Star Wosch“ (22.15, Sat.1)
Wo Müll das Maß der Dinge wird, müssen die Formate stets schlechter und immer schlechter werden. Sat.1 übt sich mit besonderem Eifer darin, sich fortwährend selbst zu unterbieten – hat ein Idiot sich bis auf die Knochen blamiert, kommt der nächste und blamiert sich bis ins Mark.
Auftritt: Tommy Wosch, ein Zweimeter-Schlacks mit Öl im Haar und dieser Heimtücke im Blick, die er sich selbst wohl als Schalk auslegt. Das Konzept von „Star Wosch“ ist ebenso schnell erklärt wie produziert und vergessen: Wosch stellt sich mit seinem Mikro neben Prominente und strapaziert deren Nerven so lange mit Albernheiten, bis er stehen gelassen wird. „I’m coming back“, lügt höflich Bono von U 2. „Soll ich dir auf die Schnauze hauen?“, fragt, direkter, Bond-Bösewicht Claude-Oliver Rudolph. Klingt lustiger, als es ist.
„Schutthaufen?“, fragt Wosch Leute wie Naomi Campbell und Tom Jones, spricht es aber „Should how fan?“ aus, damit die Befragten schön ratlos sind und sich irgendwie selbst entblößen, auf dass wir uns an ihrer Verunsicherung delektieren. Und uns nebenbei an einer nassforschen Dummdreistigkeit erfreuen, die Wosch gerne als „Respektlosigkeit“ verstanden wissen will – schräg, schräger, flach.
Vielleicht kann er nicht anders, vielleicht hat er’s ja so beim Heißluftsender Radio Fritz gelernt, wo er herkommt. Nur erahnen lässt sich, was dem armen Mann hier vorschwebte. Wenn Helge Schneider den Witz ohne Pointe etabliert hat, so will Wosch das Interview ohne Inhalt sendefähig machen. Unter den Händen eines Begabteren könnte ein solches Konzept immerhin für ein verhaltenes Schmunzeln der Schadenfreude gut sein, bei „Star Wosch“ ist es peinlich.
Liebend gerne würde sich Wosch vom schlagkräftigen Rapper Moses P. ein PR-trächtiges blaues Auge holen, wie weiland Stefan Raab. Fragen wie „Schlägst du nur Brillenträger?“ aber werden nur mit dem Grunzlaut quittiert, den sie verdienen. Richtig erfrischend wirkt dagegen die altmodische Unfähigkeit zur Ironie, mit der ein Marcel Reich-Ranicki pennälerhaften Unsinn über sich ergehen lassen muss: „Krikrikri, sagt der Specht, äh, jetzt muss ich noch mal anfangen . . .“ – „Lassen Sie mich doch in Ruhe, gehen Sie mir jetzt endlich aus dem Weg“, versetzt unwirsch Reich-Ranicki. Ausgestellt wird das Verständnislose, der Perplexe und die Erosion der Höflichkeit bei jenen, die merken, dass sie verschaukelt werden.
Aber auch das kann nur funktionieren, wenn der Verschaukler trittsicher agiert – nicht wenn er, wie Wosch, beim Anblick von George Clooney vor Aufregung fast vergisst, dass er ihn eigentlich verarschen wollte: „Mr. Clooney, wie viel Uhr ist es?“
Es ist zu spät, Wosch, für jämmerliche Vorstellungen wie diese. Andere waren vor dir da – und besser. Ein Stefan Raab kann Harald Schmidt anpissen, weil er Talent hat. Du pinkelst Leuten bloß ans Hosenbein und machst dich dabei nass. ARNO FRANK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen