: „Es gibt noch Grenzen des Wachstums“
■ Im „Bremer Bündnis für Lebensqualität“ haben sich Umweltschützer und Kleingärtner zusammengefunden, um gemeinsam gegen die Flächenpolitik der Koalition zu protestieren
Mit einem ungewöhnlichen Bündnis soll den Stadtplanern der großen Koalition Beine gemacht werden: Gestern unterzeichneten der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Landesverband der Gartenfreunde eine gemeinsame Erklärung. Tenor: „Stopp dem Flächenverbrauch – auch für den Technologiepark“. So bald wie möglich sollen für die Allianz weitere Organisationen und Verbände von Gewerkschaften über Elternvertretungen bis hin zur Architektenkammer gewonnen werden.
Der Zusammenschluss der eins-.tigen Konkurrenten ist eine Folge der Diskussion um eine Erweiterung des Technologieparks: SPD und CDU wollen glauben machen: Entweder geschieht die Erweiterung in das Naturschutzgebiet Hollerland, oder die Kleingartenkoloniene „Harmonie“ oder „Gute Ernte“ südlich der Universität müssen dran glauben. Beides sei falsch, argumentieren jetzt die Bündnispartner. Durchaus möglich sei eine Verdichtung im bestehenden Technologiepark.
„Abgesehen davon, dass es viele Firmen gibt, die nicht in den Technologiepark gehören“, sagt der BUND-Landesvorsitzende Hermann Cordes, „gibt es noch viele Möglichkeiten der städtebaulichen Verdichtung rund um die Universität: Die Häuser sind zum großen Teil nicht sehr hoch, und die eben- erdigen Parkplätze müssen auch nicht sein.“ Zudem solle man den geplanten „Science Park“ neben der International University in Grohn mit einplanen.
Und Hans-Ulrich Helms, Vorsitzender des Landsverbandes der Gartenfreunde ergänzt: 180 Kleingärten seien gerade erst neben „Harmonie“ und „Gute Ernte“ dem Erdboden gleich gemacht worden. „Wir Kleingärtner haben unseren Beitrag geleistet und verschiedene Flächen aufgegeben. Aber man kann nicht alles dichtmachen“, sagt er.
Das Bündnis dürfte vor allem den CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff ärgern: Der hatte im April einen offenen Brief an die Laubenpieper geschrieben, in dem er Naturschutz gegen Kleingärtner auszuspielen versuchte. Weil die SPD es nicht zulasse, dass der Technologiepark ins Hollerland erweitert wird, müssten nun leider die Kleingärten in Schwachhausen dran glauben. Im ersten Reflex ging die Rechnung auf: „Vor dem Schlammpeizger kommt der Mensch“ tönte Parzellen-Chef Helms damals. Jetzt aber will er „gemeinsam Front gegen den Flächenfraß in Bremen“ machen.
Auch die SPD hat bei den Kleingärtnern inzwischen Sympathien verspielt: Ebenso wie die CDU hätte die SPD noch im letzten Jahr versprochen, dass die Schwachhauser Kleingärten bestehen blieben. „Wortbruch“ werfen jetzt die Kleingärtner den beiden Parteien vor.
Inzwischen gibt es zudem eine Entscheidung des Senats, der den Ausbau des Technologieparks gen Süden in die Kleingartengebiete vorschlägt. Und die CDU will von ihren Begehrlichkeiten auf das Hollerland immer noch nicht lassen. Wieder einmal soll ein Gutachten den Politikern die Argumente liefern: Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten soll der beste Standort für einen neuen Technologiestadtteil gefunden werden. Naturschutz spielt im Arbeitsauftrag schon keine Rolle mehr.
Der derzeitige Arbeitstitel des Zusammenschlusses: „Bremer Bündnis für Lebensqualität“. Es sei doch gar nicht so abwegig, dass das „auch ein guter Name für eine Partei wäre“, murmelt Helms und redet im nächsten Moment von den immerhin 20.000 Gartenfreunden in Bremen. Die neuen Bündnispartner lassen einen alten Slogan aus den frühen 70er Jahren wieder auferstehen: „Auch für den Technologiepark gilt: Es gibt Grenzen des Wachstums“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. cd
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