Das Besondere im Banale

■ Die Jungen Hunde mit Hygiene Heute und Enter Hamlet

„Der subversive Schwarzfahrer der 80er ist Ende der 90er zum eleganten Trittbrettfahrer mutiert und wird zum Virus oder zum Regisseur“, behaupten provozierend Stefan Kaegi und Bernd Ernst alias Hygiene Heute. Um Methoden des Einschleichens – seien es VIP-Lounges, Empfänge und andere geschlossene Gesellschaften – geht es bei ihrem Kongress der Schwarzfahrer, einem fünfstündigen Spektakel rund ums kalte Buffet (20. Mai, 17 Uhr, k6). Erfahrene Praktiker haben der gebürtige New Yorker Ernst und der Schweizer Kaegi eingeladen, die hier aus ihrem Alltag berichten und Strategien offen legen werden.

Live-Art – jene prozesshafte Performance-Gattung, die mit Au-thentizität der Darstellung, mit autobiografischen und dokumentarischen Momenten spielt – weitet sich auf Kampnagel in letzter Zeit häufiger zu sogenannten „interaktiven Projekten“ aus. So wird auch bei diesem „Kongress“ die „vierte Wand“, die zwischen Bühne und Publikum, eingerissen werden. Mitmachtheater oder konsequenter Aufbruch zum Theaterabend als Erfahrungsraum?

Die Regisseurin Nora Somaini folgt in ihren Stücken dagegen einem weitgehend klassischen Inszenierungsmuster, allerdings in einer anarchischen, körperbetonten Theatersprache. Shakespeares Hamlet hat sie sich unter dem Titel Enter Hamlet in ihrer Abschlussarbeit des Studienganges Schauspieltheater-Regie der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Junge Hunde-Festival vorgenommen (18. bis 20. Mai, 19.30 Uhr, k2). Der junge Hamlet kehrt an den heimatlichen Hof zurück und beschließt, seine Familie auf die Probe zu stellen und dabei das System von Selbstbetrug und Lügen zu entlarven, indem er sich selbst verrückt stellt.

Somaini, die beim letzten Junge Hunde-Festival Anatomie Titus Fall of Rome nach Heiner Müller vorstellte, erzählt anhand des Hamlet-Mythos eine Geschichte des Erwachsenwerdens, beschreibt das Ringen um die eigene Identität in „verrückten“ Verhältnissen. „Manipulation von Wirklichkeit ist eines der Grundprinzipien aller nach Macht hungernden Systeme“, beschreibt sie ihren Denkansatz.

Marga Wolff