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Scharping fegt die Stube

Der Verteidigungsminister entlässt Generalinspekteur von Kirchbach – kurz nachdem dieser einen Plan für die Wehrreform vorgelegt hat. Nun kann Scharping sein Konzept leichter umsetzen

BERLIN taz ■ Rudolf Scharping hat gestern einen zweiten prominenten Gegner seiner Reformvorstellungen für die Bundeswehr zum Schweigen gebracht. Nachdem der Verteidigungsminister am Dienstag Altbundespräsident Richard von Weizsäcker für seine zu radikalen Vorschläge einer Verkleinerung der Bundeswehr abgemeiert hatte, war gestern Deutschlands höchster Soldat dran: Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Hans-Peter von Kirchbach, wurde überraschend zum 1. Juli in den Ruhestand versetzt.

Scharping hat damit ebenso abrupt wie rabiat den Wettbewerb der Ideen für eine Bundeswehrreform beendet. In seinem Auftrag hatten drei Gruppen ihre Pläne entwickelt: Die Weizsäcker-Kommission und General von Kirchbachs Team, die beide am Dienstag ihre Bilanzen vorlegten, sowie der Planungsstab des Ministeriums. Nachdem Kirchbach und Weizsäcker bei Scharping durchgefallen sind, geht der Planungsstab als Sieger hervor – und stellt in Gestalt seines Chefs konsequenterweise den neuen Generalinspekteur: Harald Kujat, der Scharpings Vorstellungen von einem Offizier im 21. Jahrhundert entspricht – Militärstratege und politischer Kopf, Ressourcenmanager eher als Feldherr.

Auch gestern wollte Scharping sich noch nicht auf genaue Eckdaten für sein Reformkonzept festlegen lassen. Doch die Zahlen, die er in drei bis vier Wochen offiziell vorstellen will, werden aus Kujats Taschenrechner stammen – und sie werden in der Mitte der beiden bereits bekannten Konzepte liegen: Weizsäckers Armee mit 240.000 Soldaten und 30.000 Wehrpflichtigen fiel in Scharpings Augen zu klein aus, Kirchbachs Vorschlag von 290.000 Mann und 84.000 Wehrpflichtigen zu groß.

Bei der Wehrpflicht setzt Scharping, wie er gestern erkennen ließ, auf eine gesetzliche Verankerung mit fester Wehrdauer, die „aber auf unterschiedliche Weise abgeleistet werden“ könne. Nachdem der Minister dieses Modell gestern im Kabinett vorstellte, möchte er es jetzt den Bundestagsfraktionen nahebringen.

Kirchbachs Entlassung rechtfertigte der Minister mit einem angeblichen Wunsch des Generals, der aber an der Pressekonferenz nicht teilnahm. Zwar dementieren Mitarbeiter des Ministers, dass ihr Chef bei der plötzlichen Amtsmüdigkeit des Generalinspekteurs nachgeholfen haben könnte. Doch die Auseinandersetzungen zwischen Oberbefehlshaber Scharping und seinem höchsten Soldaten schwelen schon seit längerem. Scharping wollte gestern Kirchbachs Motive nicht kommentieren, sondern sagte nur: Es gebe Personengruppen, die hätten Schwierigkeiten zu unterscheiden, dass kooperativer Führungsstil nicht Meinungslosigkeit bedeute und Freundlichkeit im Umgang nicht fehlende Entschlossenheit. PATRIK SCHWARZ

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