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Aktion: Sauberer Kreisverband

Rauswurf und Entlassung: GAL Eimsbüttel gegen prominente linke Mitglieder  ■ Von Peter Ahrens

Im Kreisverband Eimsbüttel der GAL wird aufgeräumt. Opfer sind zwei prominente linke Mitglieder: Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Amke Dietert-Scheuer und der auch bundesweit bekannte Friedenspolitiker Ulrich Cremer. Der Realo-dominierte Eimsbütteler Kreisvorstand hat die Bezirksgeschäftsführerin Dietert-Scheuer entlassen und für Cremer sogar den Parteiausschluss beantragt.

Cremer ist – obwohl entschiedener Gegner des Kriegseinsatzes in Jugoslawien vom Vorjahr – in der GAL geblieben, arbeitet jedoch beim Regenbogen als Ansprechpartner für Friedenspolitik. Das gab dem GAL-Kreisvorstand den Anlass, seinen Rauswurf zu fordern. Cremer habe „in erheblicher und parteischädigender Weise gegen Grundsätze der Partei verstoßen“, heißt es in dem Vorstandsantrag. Der Beschuldigte wehrt sich: Der Regenbogen sei schließlich ein Verein und keine Partei. Ihm gehe es vielmehr darum, „den Diskussionszusammenhang zu den Leuten im Regenbogen aufrecht zu erhalten“. Cremer vermutet, dass er rausgeworfen werden soll, weil er einen Antrag an den grünen Bundesparteitag gestellt hat, in dem verlangt wird, Außenminister Fischers Rolle im Kosovo-Krieg zu untersuchen.

Der Kreisvorstand weist das zurück: Es gelte nicht, Cremer für seine politischen Grundsätze zu maßregeln, sagt Vorstandsmitglied Nickels Küll: „Man kann jedoch nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.“ Rückendeckung bekommt Küll von Landesvorstandssprecher Peter Schaar. „Cremer muss sich nun mal entscheiden“, sagt er. Die Begründung des Kreisvorstandes nennt er plausibel.

Dieser Meinung sind nicht alle in der GAL. Schaars Kollegin Kordula Leites und Fraktionschefin Antje Möller sind gar nicht glücklich über den Antrag, und auch aus dem Kreisvorstand selbst regt sich Widerstand. Vorständlerin Andrea Wist glaubt, dass der Antrag „der GAL Eimsbüttel schweren politischen Schaden zufügt“.

Zumindest finanziellen Schaden abgewendet hat der Kreisverband in der Personalie Dietert-Scheuer, die ebenfalls zum linken Flügel der GAL zählt. Nach ihrer Entlassung hat man sich über die Modalitäten „gütlich geeinigt“, wie es heißt, und so eine arbeitsrechtliche Klage vermieden. Dietert-Scheuer wurde mit der Begründung gekündigt, man müsse sparen. Sie akzeptiert zwar, dass die Haushaltslage des Kreisverbandes schwierig ist, aber: „Die werden sich irgendwann eine neue Geschäftsführerin suchen, die ihnen politisch genehmer ist.“ Die Mehrheitsverhältnisse im Kreisverband – gut 30 von 350 Mitgliedern sind nach dem Jugoslawien-Krieg ausgetreten – hätten sich seit dem Vorjahr „völlig verschoben“. Ein Parteiaustritt kommt für Dietert-Scheuer zwar nicht in Frage, aber dass sie sich in der GAL noch heimisch fühle, „wäre zu viel gesagt“.

Den Fall Cremer soll jetzt das dreiköpfige Landesschiedsgericht, in dem unter anderem Schaars Ehefrau Carmen Gensler sitzt, entscheiden. Falls Cremer den Kreisverband verlassen muss, hat er schon angekündigt, „in einem anderen Bezirk Asyl zu beantragen“: Dann will er bei der GAL Nord eintreten.

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