„Jeder vierte Kopf wird rollen“

■ Freie Träger kritisieren Kürzungskonzept für Bremer Jugendförderung / Heute Demo

„Grausam!“ hat da jemand auf das „Anpassungskonzept Kinder- und Jugendförderung 2000 bis 2005“ gekritzelt. Der Konzeptentwurf aus dem Hause der Sozial- und Jugendsenatorin Hilde Adolf (SPD) sieht in einigen Bereichen Kürzungen bis zu 25 Prozent vor. Der Kritzler saß unter den Menschen vom Jugendring und der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (LAG), die gestern auf einer Pressekonferenz erklärten, was sie von dem Konzept hielten: „Völliger Unsinn“, sagte Jugendring-Geschäftsführerin Marina Stahmann, „Mogelpackung“ nannte LAG-Vorsitzender Hans-Jürgen Wiesenbach den Entwurf.

Der Hauptvorwurf der freien Träger: Sie müssen mehr bluten als Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft. Letztere sollen bis 2005 rund 700.000 Mark einsparen, dergestalt, dass unterm Strich bei den Personalkosten sechs Prozent, bei den Sachmitteln 25 Prozent weniger stehen. Bei den Projekten freier Träger sollen pauschal 25 Prozent – rund 1,1 Millionen Mark – abgezwackt werden, als Sachkosten. „Aber Sachkosten“, erklärte Jürgen Blandow, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, „bedeuten in der freien Jugendarbeit Personalkosten.“ Ergo: „Jeder vierte Kopf rollt.“ Nicht nur diese „Schieflage der Lastenverteilung“ (Blandow), die außerdem unbegründet sei und „institutionelles Eigeninteresse“ vermuten lasse, stört die VertreterInnen der freien Träger. Hinzu kommt, dass das Konzept großes Gewicht auf die Partizipation von Jugendlichen legt. De facto sei aber für Mitsprache beim Konzept gar keine Zeit: „Es wurde uns vergangene Woche zugestellt, bis zum 1. Juni sollen wir Stellung nehmen“, beschwerte sich Marina Stahmann, „damit sind alle Träger, die tatsächlich mit demokratischer Beteiligung funktionieren, ausgeschlossen.“ Und Jugendliche zum Mitmachen, zum Übernehmen von Verantwortung zu bringen, sei harte Arbeit, die eher mehr qualifiziertes Personal als weniger erfordere. Weniger Geld werde als mehr Autonomie verkauft: eine „Instrumentalisierung“ von Jugendlichen.

Die Rechtfertigung aus dem Hause Adolf klingt etwas unscharf: „Es wird künftig nicht mehr so sehr geguckt, welcher Träger was macht, sondern es wird mehr stadtteilbezogen gearbeitet“, erklärt Pressesprecherin Heidrun Ide. Mehr Kooperationen seien anzustreben. Zu den ungleichen Personalkürzungen sagt sie: „Die Stadt kann fest angestellte Mitarbeiter nicht einfach rausschmeißen.“

Am 15. Juni entscheidet der Jugendhilfeausschuss über den Entwurf. Und heute wird einmal mehr mobil gemacht: Das Aktionsbündnis Nixda! gegen Kürzungen im Jugendbereich ruft zu einem Trauermarsch auf. Start ist heute um 10.30 Uhr an der Schule Schaumburger Straße, Abschluss ist eine Kundgebung um 13 Uhr auf dem Marktplatz. sgi