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Teurer Trip in die Weltpolitik

Bund der Steuerzahler kritisiert die Wien-Reise der CDU-Fraktion als unnötig. Bundespolitische Themen der Klausurtagung seien nur vorgeschoben. CDU-Fraktionschef weist Vorwürfe zurück

von RALPH BOLLMANN

Die Reisefreude der Berliner CDU-Abgeordneten stößt beim Bund der Steuerzahler auf Kritik. Es sei „nicht nötig“, dass sich die Parlamentarier zu einer Klausurtagung in Wien träfen und dafür eigens ein Flugzeug charterten, sagte gestern der Landesvorsitzende des Steuerzahlerbundes, Günter Brinker: „Das halten wir für übertrieben.“ Die Reise wurde aus den Geldern finanziert, die das Land den Fraktionen für die Parlamentsarbeit zur Verfügung stellt.

Die 75-köpfige CDU-Fraktion aus dem Berliner Abgeordnetenhaus hatte am vergangenen Wochenende gemeinsam mit Journalisten, Mitarbeitern und den von der Partei gestellten Senatoren eine dreitägige Reise in die österreichische Hauptstadt unternommen, um sich unter anderem mit der Osterweiterung der Europäischen Union und dem Konflikt auf dem Balkan zu beschäftigten. Dabei handelt es sich nach Ansicht Brinkers um Bundesthemen, die als Begründung für einen Ausflug der Landtagsfraktion nur „vorgeschoben“ seien.

Landespolitische Fragen nahmen auf der Tagung nur einen kleineren Teil der Zeit in Anspruch. Lediglich zum Verbot von Kampfhunden und zur Privatisierung städtischer Wohnungen fassten die Abgeordneten konkrete Beschlüsse. Ansonsten diskutierten sie mit der grünen EU-Kommissarin Michaele Schreyer über das Thema „Zukunft Europa“, mit dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) über die „Partnerschaft mit Österreich“ sowie mit Offizieren der KFOR-Streitkräfte aus dem Kosovo über „Frieden auf dem Balkan“.

Bereits im Vorfeld hatte der Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky betont, dass es sich bei der Klausurtagung keinesfalls um eine Vergnügungsreise handele. Ein „gemütlicher Abend“ in der Wachau, der die Besichtigung des Klosters Melk einschloss, sei als Tribut an die niederösterreichischen Parteifreunde unvermeidlich. „Das ist leider üblich“, sagte Landowsky. Nach seiner Ansicht wäre ein Treffen im Inland genauso teuer gewesen. Ein Flug nach Österreich sei nicht teurer als ein Flug nach Bayern, sagt Landowsky im Inforadio. Die Hotelkosten seien in Wien sogar niedriger.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit hatte die Reise des Koalitionspartners als „Wohlfühlveranstaltung mit wenig konkreten Ergebnissen“ kritisiert. Es sei „außer hohen Spesen nicht viel gewesen“.

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