n taz-LeserInnen wollen auch in Städten bei offenen Fenstern schlafen. Deshalb: Weniger Mobilität für AutofahrerInnen und mehr ...: ... Mobilität für alle!
betr.: „Grüne sind keine Anti-Auto-Partei mehr“, taz vom 27./28. 5. 00, „Schlauch gibt Gummi“, „Rezzo schlaucht die Grünen“ u. a., taz vom 30. 5. 00
[...] „das Auto ist kein rollendes Atomkraftwerk“. Aber ein rasender Totmacher, dem jedes Jahr in Deutschland einige tausend Menschen zum Opfer fallen. Wenn Rezzo Schlauch ungeachtet dieser Nebenwirkungen vom Auto als „Instrument der Freiheit“ faselt, dann offenbart der Superrealo damit ein Ausmaß an Zynismus, das sprachlos macht.
Selbstverständlich soll in dieser Republik jeder Mensch auch in Zukunft das Recht haben, sich auf der Straße umzubringen. Bekanntlich kommen aber in den meisten Fällen Unbeteiligte dabei zu Schaden. Wollen grüne Wendehälse uns jetzt allen Ernstes weismachen, dass das der Preis ist, den wir alle ungefragt für die Mobilität der neurotischen Automehrheit zu zahlen haben? [...]
UWE TÜNNERMANN, Lemgo
[...] Wer den Problemkreis Autoverkehr auf Emissionen und Lärm reduziert, hat nicht begriffen, um was es auch geht: öffentliche Lebensräume! Eine lebenswerte menschenfreundliche Stadt, Naherholungsgebiete, die nicht von Verkehrsschneisen zerschnitten und entstellt werden. Und: Was hat sich eigentlich am Verhältnis der Fläche des durchschnittlichen Kinderzimmers im Verhältnis zur Fläche von Autostellplätzen seither geändert?!
ULLI BECKER, Stuttgart
[...] Um die zentralen ökologischen und sozialen Anliegen der Grünen in die Bundespolitik zu transportieren, ist Rezzo offensichtlich nicht der richtige Mann. Daher: Ein personeller Neuanfang tut not – im Vorstand der Bundestagsfraktion. Und was macht Rezzo dann? Vielleicht tauscht er ja mit Christian Ströbele die Rollen? Ströbele als Fraktionsvorsitzender und Schlauch, der schließlich auch Jurist ist, als grüner Vertreter im CDU-Untersuchungsausschuss? Die Arbeit im Ausschuss würde er bestimmt genauso gut machen und zugleich wäre das Profil der Bundestagsfraktion mit Sicherheit deutlich geschärft. HORST SCHIERMEYER, Zittau
Wenn Rezzo Schlauch geschrieben hat „Für viele Menschen ist das Auto gleichbedeutend mit der Freiheit“, hat er den Kern getroffen. Die Grünen sind für den Erhalt der Natur, also täten sie gut daran, anzuerkennen, dass auch Menschen Teil der Natur und daher auch in ihren Bedürfnissen schützenswert sind. [...] Was würden die grünen Freunde sagen, wenn man eine Steuer aufs Fahrradfahren erheben würde, die dieses so teuer macht, dass sie gezwungen wären, mit dem Auto zu fahren?
ROBERT ENDERLE, Köln
Herr Kriener, Ihnen muss schärfstens widersprochen werden: Herr Rezzo Schlauch ist nicht neuestes Opfer der „Möllemannisierung der Partei“, sondern er ist einer der alten Haupttäter in dieser Sache. RAINER LANDELE, Trier
[...] Was ist denn mit den Menschen, die nicht Auto fahren können, die zu jung oder zu alt sind, die nicht genug sehen oder die ein anderes Gebrechen hindert, ein Fahrzeug zu steuern? Gar nicht zu reden von den Leuten, die zwar fahren, es aber im eigenen und im Interesse der Allgemeinheit besser lassen würden, weil sie mit dieser Aufgabe deutlich überfordert sind. Brauchen nur Autofahrer Mobilität?
Grüne Verkehrspolitik hat die Aufgabe, jedem seine individuelle Bewegungsfreiheit zu verschaffen, und das heißt nun mal, Alternativen zum Auto zu entwickeln, wo immer das geht! Und wo Busse und Bahnen nicht hinkommen, kann man ja Sammeltaxisysteme anbieten, wie dies zum Beispiel in zahlreichen Bezirken Mittelfrankens schon heute geschieht.
Das Auto macht nicht nur Probleme durch Abgase und Energieverbrauch, damit verbunden sind auch Unfälle, Flächenverbrauch und Lärm und ein unglaublicher Verlust an Lebensqualität. Wer dies nicht glaubt, der braucht doch nur wachen Sinnes in die verkehrsberuhigten Innenbereiche von Städten wie Erlangen kommen und kann dort die entspannte Atmosphäre genießen, die auf öffentlichen Flächen herrscht, auf denen nicht herumgerast werden darf. Und es wäre ja auch schön, selbst in der Stadt mit offenen Fenstern schlafen zu können! HANS LUNTZ, Fürth
Ich verstehe den Wirbel um Schlauchs Thesenpapier nicht. Jede der in der taz abgedruckten Passagen kann man doch fast blind unterschreiben. Das Auto hat doch unzweifelhaft eine sehr wichtige Stellung in unserer Gesellschaft und wird diese, zumindest in den nächsten Jahren, halten. Und im Gegensatz zur Meinung von Herrn Loske sollte diese Realität anerkannt werden – unter anderem nicht um Jugendliche zu gewinnen, sondern um diese nicht zu verlieren. [...]
Auch die Wandlung zu einer umweltschonenden Wasserstoffwirtschaft sollte gerade von den Grünen aktiv vorgedacht werden. [...] JOCHEN KOLKMEYER, Berlin
Konsequenterweise müsste Herr Schlauch nach der Versöhnung mit dem Auto auch gleich die Versöhnung mit der Atomkraft fordern. Denn entgegen dem ersten Anschein ist die Wasserstofftechnik leider keine wundersame Methode der sauberen Energiezeugung aus dem Nichts. Sie ist nicht mehr als eine Möglichkeit, andernorts erzeugte Energie zu speichern und zu transportieren. Das heißt, der im Auto zu verbrennende Wasserstoff muss unter Einsatz von elektrischer Energie erzeugt werden. Und diese kommt nun mal auf absehbare Zeit eher aus Atomkraftwerken als aus Solarzellen. RAINER GALL, Würzburg
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