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Schweizer Präzision im Regenwald

Precious Woods bewirtschaftet nachhaltig den Urwald am Amazonas. 600 Kleinanleger, zwei Versicherungen und zwei Pensionsfonds halten Anteile an dem Schweizer Unternehmen. Es wird zertifiziertes Holz verkauft – und gutes Geld verdient

aus Manaus KATHARINA KOUFEN

Späne fliegen, als sich die Motorsäge kreischend in den Baumstamm frisst. Die beiden Holzarbeiter setzten das Gerät kurz ab und greifen zu ihren Macheten, um die graubräunliche Rinde rund um die Schnittstelle abzuschlagen. Jetzt kann die Säge sich weiter durch das Holz arbeiten. Es raschelt und knackt in den Kronen. Der Teak-Baum fälllt zu Boden, reißt Äste und Blätter der benachbarten Bäume mit sich.

Die beiden Männer mit orange Schutzhelmen arbeiten für Precious Woods Amazon, eine in der Schweiz gegründete Holzfirma, die brasilianische Tropenhölzer exportiert – vor allem in die USA, nach Europa und nach China, aber auch in den Süden Brasiliens. Precious Woods bewirtschaftet den tropischen Wald nachhaltig und verkauft zu 90 Prozent zertifiziertes Holz, gekennzeichnet durch das international anerkannte FSC-Siegel. „Die anderen Holzunternehmen fällen nur die zwei oder drei teuersten Baumsorten – bei uns sind es über dreißig verschiedene Arten“, sagt Andres Gut, der Präsident des Verwaltungsrat von Precious Woods. Dadurch lasse sich vermeiden, dass bestimmte Arten mit der Zeit ausstürben. Gefällt würden ausschließlich „reife“ Bäume, die älter als 25 Jahre seien. Von jeder Baumart müssten mindestens ein Fünftel der erwachsenen Bäume stehen bleiben, versichert der Schweizer.

Die insgesamt 80.000 Hektar Land, die das Unternehmen etwa 250 Kilometer östlich der Amazonas-Stadt Manaus erworben hat, sind in ein Koordinatensystem eingeteilt. Anhand einer Musterzelle werde, so Gut, alle drei bis fünf Jahre überprüft, ob die gefällten Baumarten gleichmäßig wieder nachwachsen.

Zwar sind Experten noch skeptisch, ob man den Tropenwald wirklich nachhaltig bewirtschaften kann. „Man weiß bislang nicht, wie sich der Baumbestand langfristig entwickelt“, sagt Laszlo Maraz vom Münchener Umweltverband Pro Regenwald. Auch die Zertifizierung des Holzes mit dem FSC-Siegel sei wegen der schwierigen die Kontolle umstritten. „Was Precious Woods macht“, urteilt Maraz, „ist aber auf jeden Fall besser als der konventionelle Raubbau.“

Die Mitarbeiter von Precious Woods sind keine Ökofreaks oder Entwicklungshelfer. Sie arbeiten für ein Unternehmen, das Gewinn machen will. Andres Gut ist überzeugt, dass ihm das langfristig auch gelingen wird. Gerade hat der amerikanische Baumarkt Home Company mit seinen über 1.000 Filialen angekündigt, dass er ab 2002 nur noch zertifiziertes Holz verwenden will. „Da haben wir einen Riesenmarkt“, schwärmt der gelernte Arzt. Das wird auch die Anleger freuen, die ihr Geld in eine Precious-Woods-Aktie gesteckt haben. Zwei große Schweizer Versicherungen und zwei Rentenpensionsfons sind beteiligt, die Mehrheit bilden rund 600 Kleinanleger.

Precious Woods gilt im Amazonasgebiet als vorbildlich. Deshalb erhielt der Betrieb zunächst eine Anschubsfinanzierung und bekommt jetzt gratis eine Öffentlichkeitsabteilung gestellt – bezahlt aus dem Topf des internationalen Tropenwaldprojekts PP/G7, für den Deutschland 415 Millionen Mark zur Verfügung stellt.

Das Tropenwaldprogramm PP/G7 entstand in der Erkenntnis, dass es sich beim Schutz der Tropenwälder „um eine weltweite Aufgabe handelt“. Viele Brasilianer haben das lange Zeit anders gesehen und halten daran fest, dass Amazonien „ein nationales Erbe“ sei, wie die Verfassung es formuliert. Eine deutliche Botschaft an Europa war etwa die Gründung eines „Komitees zur Rettung der Nordsee“ 1993 in Rio de Janeiro. „Kümmert euch um eure eigenen Probleme“, ist eine verbreitete Meinung. Doch der Gouverneur des Bundesstaats Amazonas, Amazonino Mendes, stimmt den G 7-Staaten inzwischen zu: „Wir leben alle in einem Haus – Umweltschutz ist eine gemeinsame Aufgabe aller Länder.“

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