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Peking plus 5

Die Aktionsplattform, das Abschlussdokument der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking 1995, ist ein umfassendes Kompendium politischer Handlungsanweisungen in zwölf gesellschaftlichen Problemfeldern, um „Empowerment“ von Frauen und Geschlechtergleichheit zu erreichen. Die Aktionsplattform hat Aufforderungscharakter, sie ist kein rechtsverbindliches Dokument für die Unterzeichnerstaaten.

Zur Bilanzierung haben die UN einen Fragebogen an die Regierungen verschickt, 135 Antworten erhalten und diese zu einem Überblicksbericht zusammengefasst. NROs haben in vielen Ländern „Schattenberichte“ verfasst, die ebenfalls in einen Gesamtbericht einfließen sollen.

Auch in Deutschland wurde ein kritischer Alternativbericht geschrieben (erhältlich bei der Heinrich-Böll-Stiftung). Während die Bundesregierung behauptet, „Frauenförderung und Gleichstellung stehe im Mittelpunkt der Politik“, kritisieren die NROs, dass frauenpolitische Häppchen ausgegeben wurden, aber nicht wie versprochen eine Geschlechterperspektive in alle politischen Ressorts eingebracht wurde. Die Probleme von Menschenrechtsverletzungen und Armut imeigenen Land würden unterschätzt,die von ostdeutschen Frauen undMigrantinnen seien zu wenig berücksichtigt.

Vom 5. bis 9. Juni tagt in New York eine UN-Sondergeneralversammlung unter dem Motto „Frauen 2000: Geschlechtergleichheit, Entwicklung und Frieden für das 21. Jahrhundert“. Sie soll zwei Dokumente verabschieden: eine zweiseitige politische Erklärung, auf die die Regierungsdelegationen sich in Vorverhandlungen bereits geeinigt haben, und ein derzeit achtzigseitiges Dokument, das die Umsetzung der Aktionsplattform der 4. Weltfrauenkonferenz überprüft, aktuelle Herausforderungen beschreibt und neue Maßnahmen und Initiativen anstoßen soll. Um dieses Ergebnisdokument wird zurzeit noch Wort für Wort,Komma um Komma gestritten.

Drei Staatenblöcke bestimmen die Verhandlungen: die EU, die Gruppe 77 (133 Staaten des Südens) undJuscanz (Japan, USA, Canada,Australien, Neuseeland). Der Vatikan ist sehr präsent, mittel- und osteuropäische Staaten treten kaum in Erscheinung.

Im März bei der Vorbereitungstagung in New York waren 230 NROs akkreditiert. Im Vergleich mit Peking war der Youth Caucus, die tägliche Versammlung junger Frauen, erstarkt; profiliert trat der Caucus für wirtschaftliche Gerechtigkeit auf und kritisierte, wie unterbelichtet im verhandelten Ergebnisdokument ökonomische Frauenrechte sind. Eine Gruppe begann für eine 5. Weltfrauenkonferenz im Jahr 2005 zu werben.

Erhebliches Störungspotenzial entwickelten christlich-fundamentalistische Gruppierungen, zum Beispiel AbtreibungsgegnerInnen, die die Aktionsplattform als Plädoyer für gleichgeschlechtliche Sexualität, Geburtenkontrolle und Abtreibung ablehnen und die Debatten der Pro-Peking-NRO zu torpedieren suchten.

NROs schalteten der Sondergeneralversammlung am 2. und 3. Juni ein Arbeitstreffen vor. Während der kommenden Tagungswoche organisieren sie Veranstaltungen zu einem breiten Themenspektrum, in dem viele Kampagnen zusammenfließen: vom „Third-Wave-Feminismus“ der jungen Frauengeneration über Diskussion von Männlichkeitskonzepten bis zum „produktiven Altern“, von reproduktiven Rechten bis zum Kleinkredit, von der Forderung nach einem Geschlechterverhältnis von 50:50 in allen Entscheidungspositionen im Jahr 2005 bis zum Ruf nach Frauenbeteiligung in Friedensverhandlungen auf allen Ebenen. Mehr als zweitausend NROs sind akkreditiert. CHRISTA WICHTERICH

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