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Ungesundes Klima im UKE

Krankenhaus-Direktion sperrt Personalrat aus. Mitarbeiter berichten über Unregelmäßigkeiten bei Wahlunterlagen  ■ Von Kai von Appen

Arbeitsrechts-Wild-West in der Uniklinik Eppendorf: Der „Direktor Betrieb“, Gerhard Becker, hat die beiden Personalräte (PR) des Universitätskrankenhauses kaltgestellt. In einem Schreiben vom 31. Mai forderte Becker die acht Mitglieder des „nichtwissenschaftlichen Personalrates“ (NPR) auf, das NPR-Büro bis zum Abend zu räumen und die Schlüssel „im Geschäftszimmer der Personalabteilung“ abzugeben. UKE-MitarbeiterInnen befürchten nun, dass die Klinikleitung die „personalratslose Zeit“ nutzen könnte, um umstrittene Maßnahmen ohne die Mitarbeitervertretung durchzuziehen.

Hintergrund des Klinik-Coups: Die Personalratswahlen im UKE haben sich verzögert. Schuld daran ist die Personalabteilung selber, die den Wahlvorständen die WählerInnenlisten zu spät und erst nach Drohungen aushändigte. Bei Einhaltung der gesetzlichen Fristen können die PR-Wahlen nun erst am 7. Juni beginnen. Formal sind aber die Amtszeiten der Personalräte für den nichtwissenschaftlichen und den „wissenschaftlichen Bereich“ (ForscherInnen, ÄrztInnen und AssistentInnen) am 31. Mai abgelaufen. Deshalb hatten beide Personalräte die Klinikleitung gebeten – wie bereits vor drei Jahren – einer Übergangslösung zuzustimmen.

Doch diesmal lehnte das Klinik-Management ab. Selbst die NPR-Sekretärin – die zumindest Stallwächterin-Funktion übernehmen könnte – wurde abberufen. 5500 Krankenschwestern und -pfleger sowie ArbeiterInnen und Angestellte des größten Krankenhauses Hamburgs stehen somit ohne gesetzliche Vertretung dar. Ein neu gewählter Personalrat kann sich frühestens in zehn Tagen konstituieren. „Formalrechtlich ist diese Maßnahme möglich, aber mit so einem Mist macht ein Arbeitgeber das beste Klima kaputt“, kommentiert der Hamburger Arbeitsrechtsexperte Klaus Bertelsmann.

Konfliktstoff gibt es im UKE ohnehin schon genug: „Wir haben viele Probleme mit dem erheblichen Personalabbau und mit der Privatisierung von Küche, Hauptpforte, Kraftwerk und Krankentransporten“, berichtet ein Insider, „derzeit laufen über 90 Kündi-gungsverfahren vor dem Arbeitsgericht.“ Erst jüngst hatte der NPR durch Einstweilige Verfügung des Hamburger Oberverwaltungsgerichtes der Klinikleitung den Einsatz von Leiharbeitern verbieten lassen und die einseitige Veränderung von Pausenregelungen unterbunden.

Durch den harten Konfrontationskurs des Direktoriums haben die anstehenden PR-Wahlen nun neue Brisanz bekommen. Bereits bei den vorigen NPR-Wahlen hatte es heftige Auseinandersetzungen gegeben, weil Wahlunterlagen verschwunden und später gefälscht zugunsten einer direktoriumskonformen „Zukunftsliste“ aufgetaucht waren. Damit sollten besonders die ÖTV-Kandidaten geschwächt werden. Ein UKE'ler: „Auch dieses Mal sind wieder Wahlunterlagen verschwunden.“

Die Klinikleitung war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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